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joggelich
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Sa Okt 31, 2020 3:31 pm
Zeitzeugen - Seite 2 145kaiHeute vor 12 Jahren

Tempelhof schliesst
Der Flughafen Berlin-Tempelhof stellt am 30. Oktober 2008 um Mitternacht den Betrieb ein - nach 85 bewegten Jahren. Die letzten Flugzeuge, die offiziell starten, sind eine Douglas DC-3 (Rosinenbomber, im Bild) und die Junkers Ju 52/3m. Sie heben um 23.55 Uhr parallel von den beiden Startbahnen ab, winken mit den Flügeln und drehen Richtung Schönefeld ab. Der Flughafen Tempelhof diente während der Blockade Westberlins (1948 bis 1949) dem Transport von Verpflegung und Gütern für Berlin per Flugzeug. (red) Foto: Keystone

12-Jahres Jubiläum schlägt Eröffnung um einen Tag
https://www.rbb24.de/politik/Flughafen-BER/BER-Aktuelles/akteure_aktuell/2020/10/berlin-brandenburg-flughafen-ber-willy-brandt-eroeffnung.html
Der Berliner Bär stellt den Berner Bär in den Schatten. Das Wunder von Bern im Wankdorf ist tot, es lebe Berlin-Brandenburg "Willy Brandt" (BER).

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Monika56
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Sa Okt 31, 2020 4:22 pm
Lieber Joggeli,

Der Berliner Bär stellt den Berner Bär in den Schatten. Das Wunder von Bern im Wankdorf ist tot, es lebe Berlin-Brandenburg "Willy Brandt" (BER).

Very Happy Very Happy Very Happy Very Happy Very Happy

Laut einer Prognose soll der neue Airport jedes Jahr 350-450 Mill € Verlust einfahren.

Herzliche Grüße

Moni
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joggelich
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Sa Okt 31, 2020 4:52 pm
Um 16:52 soll der 1. Flieger gelandet sein. Es war eine Fliege
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Monika56
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Sa Okt 31, 2020 4:58 pm
Nein, dass ich das noch erleben darf.
Ein Meilenstern der Geschichte.
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joggelich
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Sa Okt 31, 2020 10:30 pm

Elternhaus
31. Oktober 2020 von Dieter Schilling
Großeltern

Meine Großeltern väterlicherseits habe ich nicht kennen lernen können, da sie schon vor meiner Geburt verstorben waren.

Zu meiner Großmutter mütterlicherseits hatte ich ein gutes Verhältnis. Meine Mutter und ich waren bis zur Geburt meines Bruders 1943 des öfteren über einen längeren Zeitraum bei ihnen zu Besuch. Danach sind wir dauerhaft in Halle geblieben. Meine Großmutter war eine hilfreiche Stütze in dieser Zeit, sie stand meiner Mutter immer zur Seite. Nach dem Krieg zogen meine Großeltern ganz zu uns nach Halle.

Eltern

Meine Mutter wurde 1914 geboren und war von Beruf Verkäuferin. Mein Vater war von 1910 und übte in Halle den Beruf des Revisors aus. Sie stammten beide aus Thüringen und sind 1938 mit der Heirat wegen der Arbeitsstelle meines Vaters nach Halle gezogen. Nach der Eheschließung und meiner Geburt im Jahre 1939 gab meine Mutter ihren Beruf auf und war fortan Hausfrau.

An meinen Vater habe ich in meinen ersten Lebensjahren keine Erinnerung, denn zum Beginn des 2. Weltkrieges wurde er – wie so viele Väter damals – zur Armee eingezogen. Nur an ein Weihnachtsfest erinnere ich mich, wo er zu Besuch da war. – Meine Eltern hatten später ein Fotoalbum mit Bildern aus meiner Kindheit als Erinnerung für mich angelegt, aber auch darin sind kaum Fotos meines Vaters mit mir vorhanden. Aber dies erging sicherlich vielen Menschen so, die in dieser Zeit groß geworden sind.

Was es in meiner frühesten Kindheit an Geschehnissen und schrecklichen Ereignissen während des Krieges gab, weiß ich fast nur aus den Erzählungen meiner Mutter. Sie blieb alleine mit mir in Halle, und manches Mal waren wir auch für einige Wochen bei meinen Großeltern.

Nach der Heimkehr aus dem Krieg arbeitete mein Vater als LKW-Fahrer, weil er in seinem erlernten Beruf keine Arbeit mehr fand. Meine Mutter war ständig unterwegs, um Nahrungsmittel zu beschaffen, derweil versorgte die Großmutter mütterlicherseits uns Kinder. Für meinen Vater ergab sich bald die Möglichkeit, wieder als Revisor in der Konsumgenossenschaft Halle-Saalkreis tätig zu werden. Leider verstarb er viel zu früh an den Folgen einer verschleppten Blinddarmentzündung 1957. Nach seinem Tod übernahm meine Mutter in der Buchhaltung dieser Konsumgenossenschaft eine Tätigkeit auf.

Geschwister

Ich bekam noch 3 Geschwister: 1943 und 1946 jeweils einen Bruder und 1953 noch eine Schwester. Leider hatten wir 3 Jungen bedingt durch die Kriegszeit, aber auch durch den Altersunterschied kaum Gelegenheit, miteinander zu spielen. Alle drei Geschwister waren in ihren Berufen erfolgreich. So wurde der 1943 geborene Bruder Elektromeister und meine Schwester war nach ihrem Studium im Binnenhandel tätig. Mein 1946 geborene Bruder übte den Ingenieurberuf aus, verstarb aber leider schon im Alter von nur 55 Jahren.

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Zeitzeugen - Seite 2 1chkeh
Dieter Schilling
geb. 30.April 1939 in Halle/Saale
Studium: Ing.-Schule Maschinenbau Leipzig,TU Dresden
Dipl.-Ing. Maschinenbau, Schweißfaching. European Welding Engineer.
Tätigkeiten: Forschungsing. Leiter Schweißtechnik, Fertigungsleiter Stahlbau
Ich kenne einen, der ist exakt ein Jahr später geboren worden
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joggelich
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Sa Okt 31, 2020 10:44 pm

Frühe Kindheit
31. Oktober 2020 von Dieter Schilling
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1 Wohnumgebung
2 Bunker und Luftbedrohung
3 Kinderspiele
4 Luftangriffe auf Halle
5 Großangriff auf Halle
6 Eroberung Halles durch die Amerikaner
7 Alltag mit den US- Amerikanern
8 Rückkehr des Vaters
9 Wechsel der Besatzungsmacht

Wohnumgebung

Ich wurde im April 1939 in Halle an der Saale quasi in den Krieg hinein geboren. Meine Eltern waren gerade aus Thüringen wegen der Arbeitsstelle meines Vaters nach Halle gezogen, denn Halle war damals in einem Riesenaufbruch. Bedingt war dieser Vorgang durch die aufkommende chemische Industrie, insbesondere die Leuna- und Buna-Werke, in denen unter anderem Kautschuk verarbeitet wurde, den man für den künftigen Krieg benötigte. Ferner gab es Werke für den Flugzeugbau und andere Industrien, sodass auch in Halle sehr viele Wohnungen, ja ganze Stadtteile neu erbaut wurden. Auch meine Eltern bezogen dort eine 3-Zimmer-Neubauwohnung.

Bunker und Luftbedrohung

An einige Dinge im Krieg aus meiner Kinderzeit habe ich eine vage Erinnerung, die begann etwa mit dem Beginn meines 4. Lebensjahres, also ca. 1944. Was davor geschah, weiß ich aus den Erzählungen meiner Mutter. Nachts wurden wir häufig vom Fliegeralarm geweckt, sodass wir dann jedes Mal runter in den hauseigenen Keller mussten. Wir wohnten in einem 6-Familien-Haus, und im Keller war ein Raum, der mit einer Holzverstrebung und einigen Balken stabilisiert war. Wäre das Haus bombardiert worden, hätte es deswegen vielleicht eine Überlebenschance für die Menschen gegeben, die in dem Kellerraum Schutz suchten.

In dem genannten Raum standen 3 Doppelstockbetten, in denen ich des Öfteren bei Angriffen gelegen hatte. Aus unserem Wohnhaus waren recht wenige Leute in dem Luftschutzbunker, denn unsere Hausgemeinschaft bestand überwiegend aus alleinstehenden Frauen: eine Familie mit 2 Kindern, meine Mutter mit mir sowie aus der obersten Etage ein älterer Herr mit seiner Ehefrau. Dieser Nachbar hatte fast das Rentenalter erreicht und war bei den Siemens Flugzeugwerken beschäftigt. Er war eherselten anwesend, es hing davon ab, welchen Schichtdienst er hatte. Jedenfalls haben wir uns bis 1943 regelmäßig – wenn Fliegeralarm war – in diesem Keller aufgehalten. Sehr häufig war auch meine Großmutter zu Besuch da.

Um den zahlreichen Bombenangriffen zu entgehen, ist meine Mutter mit mir mehrfach für eine längere Zeit besuchsmäßig zu meiner Großmutter nach Zeitz gezogen. Als mein Bruder 1943 zur Welt kam, wurde die Wohnung zu klein und wir sind gemeinsam mit meiner Großmutter, die meiner Mutter immer hilfreich zur Seite stand, wieder in unsere Wohnung nach Halle zurück gegangen.

Kinderspiele

An Spielen in meiner frühesten Kindheit kann ich mich kaum erinnern. Auf Grund der Kriegssituation war es besser, in der Nähe der Mutter zu bleiben.

Nach dem Krieg hatten wir einen Abenteuerspielplatz in den Kellerräumen von 4 Häusern, die alle durch Öffnungen in den Wänden miteinander verbunden waren. Dieses wurde damals aus Fluchtgründen gemacht. Auf dem Dachboden war es ähnlich. Wir haben dort als Kinder immer Verstecken oder Indianer gespielt und sind durch die Keller, Treppenhäuser und über die Dachböden getobt. Im Nachhinein muss ich sagen, für die Erwachsenen war das bestimmt keine Freude, wenn wir da mit Indianergeheul durch die Gegend gerannt sind.

Im Sommer ging es meistens zum Baden in ein 3 km entferntes großes Freibad. Meine Freunde und ich sind barfuß und in Turnhose, die Badehose drunter, Handtuch unter dem Arm, losmarschiert. Unterwegs schauten wir regelmäßig beim Bäcker rein und kauften uns für 10 oder 20 Pfennig eine Tüte voll Kuchenrändern von den Obstkuchen. Das reichte uns. So erlebten wir mehr oder weniger eine freudvolle Kindheit. Wir haben das Beste daraus gemacht, und auch die Eltern hatten sich bemüht, uns eine vernünftige Kindheit zukommen zu lassen.

Luftangriffe auf Halle

Halle wurde bis Ende 1943 kaum vom Krieg beansprucht. Wahrscheinlich funktionierte die Luftabwehr im Reich so gut, dass die Flugzeuge nicht so weit – die kamen ja von Flugplätzen aus England – ins Land reinkonnten. Die haben also vorwiegend im Ruhrgebiet ihre Bomben abgeladen, sodass es in Halle meistens Fehlalarm gab, der bald wieder aufgehoben wurde und wir wieder in unsere Wohnung konnten.

Als 1943 mein Bruder geboren wurde, gaben meine Mutter und meine Großmutter es auf, sich weiterhin in dem Luftschutzraum im Haus aufzuhalten. Sie suchten stattdessen das Krankenhaus ‚Bergmannstrost‘ ganz in unserer Nähe auf. Jedesmal wenn es Alarm gab, strömten aus den umliegenden Häusern die Leute dort hin. Das Krankenhaus hatte keinen eigenen Bunker, sondern nur ein riesengroßes Kreuz auf dem Dach. Man verließ sich also auf die Genfer Konvention in der Hoffnung, dass keine Bomben aufs Krankenhaus abgeladen wurden.

Die Verwaltung des Krankenhauses war übrigens gar nicht daran interessiert, dass viele Leute ins Haus strömten. Zudem war es auch nach der Genfer Konvention nicht statthaft, dass sich dort Zivilisten aufhielten. Aber bei jedem weiteren Alarm gab es großes Angstgeschrei von schutzsuchenden Menschen. Spätestens beim 2. Ertönen der Sirenen strömten alle Schutzsuchenden in das Gebäude, denn dort gab es Räume, in denen teilweise Betten standen. Dort hielten die Leute sich dann auf.

Großangriff auf Halle

Im Frühjahr 1945 kam es zu einem riesengroßen Angriff auf Halle. Das gesamte Zentrum wurde dem Erdboden gleich gemacht, es hat über 1200 Tote gegeben. Während dieses Angriffs habe ich die Zeit in den Räumen dieses Krankenhauses voller Angst zugebracht. Das Licht ging aus, die Leute schrieen, das ganze Haus vibrierte, es war schlimm. Ältere Leute knieten und beteten. Es war als Kind wirklich fürchterlich, was wir da durchmacht haben. Als der Alarm vorbei war und wir aus dem Krankenhaus herausströmten, schrieen die Erwachsenen alle: Hoffentlich steht unser Haus noch, ist unsere Wohnung noch da. Unsere Wohngegend hatte zum Glück nicht viel abbekommen, aber das ganze Zentrum von Halle lag in Trümmern, Schutt und Asche überall, Verzweiflung machte sich breit.

Im Zentrum von Halle und rings um den Bahnhof herum gab es auch die Gebäude der großen Universitätsklinik. Bis an die Klinik ran waren die Häuser wirklich alle dem Erdboden gleich gemacht worden und auch die Universitätsklinik war beschädigt. Die Scheiben waren alle kaputt, aber keine Bombe wurde gezielt auf das Universitätsklinikum abgeworfen. Der Angriff an Karsamstag mitten am Tag, circa um 16 Uhr, und es gab keine Luftabwehr.

Die Flieger flogen ziemlich tief, und sie konnten sich jedes Haus aussuchen, welches sie bombardieren wollten. – Aus meiner heutigen Sicht war das wirklich ein Angriff auf die Zivilbevölkerung, um zu zeigen, was sie erwartet, wenn hier nicht Schluss ist. Es war regelrecht ein gezielter Angriff.

Eroberung Halles durch die Amerikaner

Im April 1945 standen die amerikanischen Bodentruppen vor Halle und hatten dem Bürgermeister der Stadt angedroht, wenn es kein bedingungsloses Ergeben von seiner Seite gäbe, würden sie die Stadt dem Erdboden gleichmachen. Es wurden von der US-Army jede Menge Panzergeschütze aufgefahren. Es hatten sich aber ein paar mutige Zivilisten und zwei Militärs gefunden, die in die entsprechenden Verhandlungen eingetreten waren, welche sich allerdings in die Länge zogen. Die Amerikaner hatten es jedoch eilig, sie wollten ihren Auftrag möglichst schnell zu Ende bringen. Da haben sie als Ausdruck eines letzten Warnschusses die Spitze des roten Turmes, der mitten auf dem Marktplatz in Halle steht, abgeschossen, und der ganz Turm, also das Wahrzeichen von Halle, ging in Flammen auf. Das war der letzte Warnschuss und danach hat man sich geeinigt.

Ich weiß noch, dass meine Mutter und meine Großmutter Betttücher aus dem Fenster hängen ließen, und überall hingen in den Nachbarhäusern ebenfalls weiße Bettlaken als Zeichen der Übergabe. Die Bevölkerung war aufgefordert worden, sich in die Schutzräume zu begeben als Vorsichtsmaßnahme wegen eines Angriffs oder eines möglichen Angriffs.

Wir saßen also wieder erneut unten in unserem Keller und warteten ab, was auf uns zukommen würde. Insgesamt waren wir ungefähr 6 Frauen, 3 Kinder und als einziger Mann der ältere Herr Seeburg, der im Flugzeugwerk arbeitete. Er und seine Frau hatten keine Kinder, und so nahmen sie mich ein bisschen als ihren Enkel an. Herr Seeburg war der einzige Mann weit und breit. Zwischen uns bestand ein guter Kontakt.

Plötzlich hörten wie die Geräusche von Panzern und anderen Fahrzeugen, und dann stürmten Soldaten in unseren Keller. Ein schwarzer GI mit Gewehr schaute in unseren Kellerraum. Als Kind hatte ich das erste Mal so einen schwarzen Mann gesehen, und die Frauen waren alle erschrocken. Der fragte nur: „Nazi? Nazi?“, und suchte in allen Ecken. Männer waren ja keine da, und damit hatte sich die Sache erledigt. Es war eine große Aufregung, aber mehr war dann nicht. Vereinzelt fielen ein paar Schüsse in der Stadt, denn es gab immer noch einige Verrückte, die das Blatt noch wenden wollten. Im Grunde blieb es aber ruhig.

Alltag mit den US- Amerikanern

Das Problem war nur, unsere Straße bestand aus 4 Häusern, und gegenüber war ein großer Platz. Plötzlich fuhren laufend Fahrzeuge vor. Es waren meistens große LKWs mit Antennen auf dem Dach von irgendeiner Logistikeinheit. Von den 4 Häusern wurden die ersten zwei Gebäude von ihnen belegt. Unsere Wohnung war auch davon betroffen.

In den ersten Tagen durften wir uns noch tagsüber in unserer Wohnung aufhalten, aber abends mussten wir immer im Luftschutzkeller schlafen. Nach ein paar Tagen hatte man für alle ausquartierten Leute der beiden Häuser Unterkünfte gefunden. Wir bezogen im Nachbarhaus mit einer weiteren Familie eine leerstehende Wohnung, in der sich noch eine Küche befand. Ich kann mich entsinnen, unsere Luftschutzbetten hatte uns jemand in die neue Unterkunft getragen.

Die Amerikaner benahmen sich recht ordentlich. Für uns Kinder war das immer schön, sie haben mal einen Kaugummi zu uns rübergeworfen und haben Jux mit uns gemacht. Damals ist mir etwas aufgefallen, was intensiv in meiner Erinnerung haften geblieben ist. Jeden Morgen zog ein toller Duft von gebratenen Eiern über die ganze Straße hinweg. Aber da war noch ein anderer mir fremder Geruch, der mir erst später bekannt wurde, es war der Duft von Bohnenkaffee. Die ganze Straße roch nach Bohnenkaffee! Und heute ist es noch so, wenn ich Kaffeeduft rieche, werde ich immer noch an diese Zeiten erinnert.

Die Amerikaner besetzten unser Haus und blieben bis zum Juli 1945. Meine Mutter und auch andere Frauen hatten immer abends beobachtet, ob die Damenbekanntschaften der Amerikaner Dinge aus den Wohnungen entwendeten. Das funktionierte wie eine Polizeieinheit. So wurde verhindert, dass das über den Krieg gerettete Eigentum nicht in fremde Hände geriet.

Ansonsten gab es keine besonderen Vorkommnisse. Nur an einen besonderen Tag kann ich mich erinnern: Da flogen aus unseren Fenstern die Kristallgläser auf die Straße. Das war der 8. Mai 1945, die Kapitulation! Die Amerikaner feierten und tranken kräftig einen über den Durst.

Rückkehr des Vaters

In der Zeit zwischen dem Weggang der Amerikaner und des Kommens der Russen war mein Vater aus Belgien zurückgekommen. Er hatte sich mit zwei weiteren Kameraden von seiner Einheit abgeseilt. Der eine Kamerad war aus Aachen und der andere aus dem Raum Kassel.

Die beiden Kameraden hatten durch Verwandtschaft Verbindungen zu Bauern, die schickten jemanden zum nächsten Dorf. Der dort Aufgesuchte kannte wieder jemanden, und auch der kannte wieder jemanden usw., und so sind sie dann bis Kassel gekommen. In Kassel hatte mein Vater ein Fahrrad geschenkt bekommen, und so sehe ich ihn gedanklich noch heute, als er heimkam: auf dem Fahrrad mit einem großen Rucksack und einer großen leeren Tasche.

Mein Vater fand 1945 natürlich keine Arbeit, und er fing dann bei einem Schrotthändler als LKW-Fahrer an. Er fuhr einen LKW mit Vollgummibereifung und Holzvergaser für diesen Unternehmer. Der Unternehmer war recht pfiffig: Er suchte in den Trümmern nach Metallträgern, schnitt die geraden Stücke raus und fuhr damit über die Dörfer und bot bei Bauern, die was bauen wollten, die Stahlträger gegen was Essbares als Tausch an. Natürlich gab er meinem Vater immer einen gewissen Anteil ab.

Wechsel der Besatzungsmacht

Die Übergabe von Sachsen-Anhalt durch die Amerikaner an die Russen war lange vor Kriegsende vereinbart worden. Sie erfolgte ab Juli 1945. Man muss sich mal vorstellen, die Grenze zwischen der amerikanischen Besatzungszone und der russischen war eigentlich die Elbe. Die Amerikaner und die Russen hatten sich in Torgau an der Elbe getroffen, und alles, was östlich der Elbe lag, war russisch besetzt, und alles, was westlich der Elbe war, war amerikanisch. Dann kam natürlich die Umsetzung des Potsdamer Abkommens, und für West-Berlin wurde dann Thüringen, große Teile Sachsens und von Sachsen-Anhalt aufgegeben, und die Grenze war dann so verlagert, wie sie später Jahrzehnte bleiben sollte.

Als die Russen nach Halle kamen, war ich 6 Jahre alt. Ich habe die Bilder noch vor Augen. Die Russen kamen teils mit LKWs und Pferdewagen mit luftbereiften Rädern. Etliche Leute standen am Straßenrand und sahen den Neuankömmlingen kritisch entgegen. Die Soldaten machten einen völlig ausgehungerten, verwahrlosten und heruntergekommenen Eindruck. Die Uniformen der russischen Soldaten sahen gegenüber denen der Amerikaner, die immer chic und adrett in ihren Sommer- und Winteruniformen daher gekommen waren, zerrissen und schmutzig aus. Es war schon bedrückend, sie so zu sehen, wenn sie uns Kindern mal ein Stück Schokolade zuwarfen.

Die Russen waren nun da, und es gab einige Vorfälle, die den Leuten Angst machten. Außerdem kursierten Gerüchte, aber ich will das auch nicht weiter kommentieren. Mal war ein Fahrrad geklaut, mal passierten schreckliche Dinge, denn es wurde sich an Frauen vergangen. Aber wie gesagt, das bekam ich als Kind mehr oder weniger nur über Gespräche mit.

Etwa 3 km entfernt von unserer Wohnung befand sich ein großer Friedhof. Dort fanden in regelmäßigen Abständen Beerdigungen von Russen statt. Egal, ob sie nun Kriegsverletzte oder schwer erkrankte Soldaten und deswegen verstorben waren, sie wurden alle in der Mitte eines LKWs in einem offenen Sarg aufgebahrt. Auf dem Brustkorb lag die Mütze, eine Kapelle schritt voran und spielte einen traurigen Marsch. So fuhr der Trauerzug durch die Straßen. – Ansonsten hatten wir zu der Zeit als Kinder kaum Kontakt zu den Russen. Auch die Bevölkerung war ein bisschen abgeneigt.
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Sa Okt 31, 2020 10:52 pm
Schulzeit
31. Oktober 2020 von Dieter Schilling
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1 Einschulung
2 Neuanfang
3 Probleme beim Verzehr der Schulspeisung
4 Gründung der Pioniere
5 Russisch in der Schule
6 Erste Schulkameraden verschwanden

Einschulung

Im September 1945 bin ich in die Schule gekommen. Halle war ja durch Kriegszerstörung nur zu 10 % betroffen; unser Schulgebäude stand also noch. Eine Zuckertüte bekam ich auch, diese war von einer Hausbewohnerin geliehen. Aus der Ledertasche von meinem Vater wurde ein Ranzen beim Schuster angefertigt. Der Schuster hat aber als Lohn die Reste, die übrig blieben, für sich behalten. Meinen Schulranzen habe ich 8 Jahre getragen. Das war so 3 mm dickes Rindsleder, das war zwar schwer, aber der Ranzen ließ sich im Winter auch als Schlitten nutzen.

Das 1. Schuljahr wurde bald aus Mangel an Kohle bereits im November unterbrochen und als „Weihnachtsferien“ verlängert. Das heißt: Bereits im November 1945 war die Schule für mich schon zu Ende. Zu dieser Zeit gab es in Ostdeutschland kaum Brikett, es gab nur Braunkohle. Die Braunkohle aus den Revieren aus Mitteldeutschland, das war sogenannte Salzkohle, die war klitschnass und hatte einen ganz geringen Heizwert. Und da im November in unserer Schule nicht mehr geheizt werden konnte, saßen wir die letzten Tage mit Mantel und Schal im Unterricht, und es war saukalt. Bis zum Februar gab es deshalb verlängerte Weihnachtsferien. Die größeren Kinder wurden in eine zentrale Schule geschickt, wo die 6., 7. und 8. Klasse weiter Unterricht in großen Klassen bis nachmittags um 18 Uhr hatten.

Neuanfang

In der Schule gab es einen Neuanfang  bedingt durch die Anpassung des Lehrstoffs an die neue Zeit. Die alten Lese- und Lehrbücher waren durch Schwärzungen und durch fehlende Seiten auf den neuen Standard korrigiert. Mit Beginn des neuen Jahres hatte sich durch eine Schulreform eine einheitliche achtjährige Grundschule durchgesetzt. Danach war ein Wechsel auf eine vierjährige Oberschule oder eine dreijährige Berufsausbildung möglich. Alle anderen Schulformen sowie Privatschulen wurden verboten. Damit wurde auch der Religionsunterricht in den Schulen untersagt.

In meiner Schulzeit hatte ich von 1950-1952 eine Lehrerin (man nannte die  neuen Lehrer tatsächlich Neu-Lehrer), die war so 45-50 Jahre alt, und sie war sehr streng. Wir hatten in der Klasse 3 Jungs; wir sagten Russen zu ihnen, es waren aber Wolgadeutsche, die auf der Flucht waren. Sie waren im Schnitt so 2-3 Jahre älter als wir. Der eine war ein richtiger Kerl, den haben wir Bulle nannten. Die drei tanzten ein bisschen aus der Reihe, und die Lehrerin langte immer wieder mal zu. Sie schlug sie auch hin und wieder mit dem Lineal auf die Hände, auch uns. Ich weiß noch, ich bekam mal von ihr eine Ohrfeige, die summte noch am Nachmittag, als ich nach Hause kam. Natürlich erzählte ich meiner Mutter nichts davon, dem Vater hätte ich es schon gar nicht erzählt. – Eigentlich war die Prügelstrafe ja verboten.

Die Klassen waren alle mit Zweierbänken eingerichtet. Neben mir saß ein guter Freund. Damals wurden mit Schiefertafel und Schiefergriffel die ersten Schreibübungen unternommen.

In der DDR war es üblich, dass die Einschulung der Kinder am 1. September stattfand. Nach 8 Jahren war die Grundschule beendet, und es kam dann die Trennung: entweder Beruf oder Oberschule. Dabei legte das Lehrerkollektiv fest, wer auf die Oberschule durfte, die Entscheidung ging rein nach Noten. Wer gute Leistungen hatte, der wurde von der Schule an die Schulbehörde gemeldet, so dass er auf die Oberschule weitergehen konnte. – Das war bei mir der Fall. Meine Eltern waren auch der Meinung, dass es gut wäre, wenn ich die Oberschule besuchte.

Probleme beim Verzehr der Schulspeisung

Es gab in der Schule eine tägliche Schulspeisung auf den Fluren zwischen dem Knaben- und Mädchenbereich, die in Kübeln angeliefert wurde, meistens Suppen, irgendwelche Pudding- oder Nudelsuppen. Die Nudelsuppe sah auch weiß aus, die haben wahrscheinlich die Nudeln in Wasser und Brühe gekocht. Wir hatten Schüsseln, mit denen wir zur Essensausgabe gingen, und dort kriegten wir einen Schlag rein, und auch einen zweiten.

Ich war sowieso kein großer Esser, meine Schüssel war meist nur so halb voll. Eines Tages kam der bullige Russe (Spitzname, er war  ja ein Wolgadeutscher) zu mir und meinte, ich solle ja meine Schüssel vollmachen lassen, da er das Essen haben wollte. Meine Mutter hatte sich dort engagiert und das Essen ausgeteilt und wunderte sich immer, was ich für ein guter Esser war.

Das Schlimmste war: Es gab auch mal Milchsuppe. Als Kind wäre ich fast gestorben, weil ich eine Milchunverträglichkeit gegen Kuhmilch hatte. Als ich von der Mutterbrust abgesetzt wurde, bin ich bald hopps gegangen, als die Kuhmilch in mich reingefüllt wurde, denn es kam hinten sofort wieder raus.

Meine Milchunverträglichkeit war sehr schlimm. Meine Mutter hatte mich einmal, als ich schon älter war,  zum Milchholen in eine Milchhalle geschickt. Dort standen die Milchkannen allesamt aufgereiht. Kaum angekommen musste ich mich sofort übergeben, als ich die Milch roch. Milch war für mich also tabu.

Als ich nun also bei der Schulspeisung meine Schüssel mit Milchsuppe bis zum Rand füllen ließ, wurde meine Mutter stutzig. Sie bekam dann sehr schnell spitz, dass der Russe immer meine Suppen gegessen hatte. Das hatte aber auch einen Vorteil, denn ich hatte einen Bodyguard, der stand mir immer zur Seite, und das blieb so bis zur 8. Klasse.

Die drei Wolgadeutschen Jungs hatten auf Grund ihres gebrochenen Deutsch zwar die ganze Zeit arge Schwierigkeiten, in der Schule mitzukommen, die Lehrer haben allerdings ein Auge zugedrückt, so dass sie die Schulzeit abschließen konnten. Für uns waren die drei damals einfach nur Rabauken, die sich nur mit ihrer Muskelkraft durchsetzten.

Gründung der Pioniere

Ab 1948 wurde staatlicherseits die Jugendorganisation „Junge Pioniere“ gegründet. Eines Tages kam der Direktor mit einer jungen Frau, die ich bereits bei den Schuberts in der Brotfabrik in der Wohnung gesehen hatte. Er stellte sie vor als die neue Pionierleiterin, ihr  Name war Margot Feist. Margot Feist wurde später mal die First Lady der DDR, Margot Honecker. Die war bei uns die ersten Wochen als Pionierleiterin eingesetzt und hatte teilweise unser Interesse geweckt. Alles fing recht harmlos an. Sie unternahm mit uns viele Wanderungen mit Übernachtungen in Scheunen. Es gab die Pfingsttreffen, auf denen nicht nur gewandert, sondern auch viel gesungen wurde. Vor allen Dingen machten wir über das Wochenende  Ausflüge in die Umgebung, wo wir ebenfalls in einer Scheune schliefen. Auch Nachtwanderungen standen auf dem Programm. Das hat uns natürlich mächtig begeistert.

In diesen Pionierstunden stand nun die Pionierleiterin vor der Klasse. Wir wurden so geschult, dass die Russen – Russen durften wir nicht sagen, das waren Sowjetmenschen – unsere Freunde sind, und Stalin war der Allergrößte. – Ich kann mich entsinnen, als der 1953 gestorben war, hatte es tatsächlich welche gegeben, die Tränen vergossen hatten. Ja, das war das Abbild nochmal, was die Älteren vielleicht erlebt hatten bei der Hitlerjugend. Das Gleiche wurde wieder gemacht.

An bestimmten Jahrestagen, z. B. am Tag der Befreiung, das war der 8. Mai, mussten wir immer zu Demonstrationen mitgehen, die Kinder waren dann somit die Staffage, die die ganze Sache ein bisschen auffüllten. Interessant war, wenn Margot Feist aus ihrem Leben berichtete. Ihr Vater war im KZ, er war schwerkrank, er war irgendwann zu einer Kur, die Mutter hatte im Gefängnis in Halle – in dem roten Ochsen, nennen das die Leute – im Gefängnis gesessen. Sie und ihr Bruder waren im Erziehungsheim, und dies hat sie uns alles so ein bisschen erzählt, von den KZs und was ihre Mutter im Gefängnis erlebt hatte. Später konnte ich es immer nicht fassen, dass Menschen, die am eigenen Leib erlebt hatten, wie das ist, dann selbst die Augen zugemacht haben und dasselbe an den Menschen, über die sie dann Macht hatten, ausübten.

Die Zielsetzung der Pionierorganisation war die Erziehung der Kinder im Sinne einer sozialistischen Ideologie. Ein Ziel dabei war die Freundschaft zur Sowjetunion. Hierzu wurde durch Literatur, Spielfilme und Kulturveranstaltungen ein großer Beitrag geleistet. Manchmal sah man in der Stadt unsere russischen Freunde, Offiziere, die mit ihren ‚Burschen‘ unterwegs waren. Nur: Zu einem persönlichen Kontakt mit den Sowjetsoldaten kam es in den ersten Nachkriegsjahren nicht.

Russisch in der Schule

Die weitere Neuigkeit war, dass wir ab der 5. Klasse Russisch lernten. Es gab außer Russisch keinen anderen Fremdsprachenunterricht. Russisch war schwer zu lernen. Erstens waren die Russen nicht gerade sympathisch. Die kyrillischen Buchstaben waren ja was völlig Neues. Bei uns kam noch verschärfend hinzu, dass wir eine ältere Dame als Russischlehrerin hatten, die kam in der 5. Klasse zu uns und sprach uns immer an mit ‚Ihr lieben Kinderchen‘. Da war die natürlich bei uns schon durch.

Mit Russisch habe ich mich eher stolpernd durchgearbeitet. Wenn ich damals gewusst hätte, was mein Klassenlehrer immer gesagt hatte: Ihr lernt nicht für die Schule, sondern ihr lernt fürs Leben, dann hätte ich besser gelernt. In meinen Berufsjahren war ich im Jahr 2-, 3-, 4- mal in der Sowjetunion und hatte dann doch Schwierigkeiten, mit der russischen Sprache irgendwie weiterzukommen.

Erste Schulkameraden verschwanden

Es war aber so, dass wir im Herbst 1952, also mit Beginn der achten Klasse, umgezogen sind. Ich ging weiter in meine alte Schule, hatte einen 3 km Fußweg, jeden Tag in der Frühe und jeden Abend retour. Mit der Straßenbahn war das zu umständlich, denn ich hätte erst zum Zentrum fahren müssen, vom Zentrum aus dann zu der Schule. Dabei war die Straßenbahn nicht teuer, die kostete damals nur 15 Pfennig.

Nach Weihnachten wunderte ich mich, dass ein Schulfreund nicht in die Schule kam. Ich dachte, er sei krank und wollte ihn besuchen. Ich wusste, die Eltern hatten eine Brotfabrik. Ich war da eigentlich immer gerne hingegangen, weil ich beim Nachhauseweg immer was von seiner Mutter unter den Arm gedrückt kriegte, mal war es eine Tüte mit Plätzchen, die ein wenig angebrannt waren, mal war es ein halbes Brot oder paar Brötchen. – Ich traf sie aber nicht mehr an. Sie hatten sich in den Westen abgesetzt.

Durch den Umzug hatte ich natürlich auch andere meiner Freunde nicht mehr so nah bei mir. In der Zwischenzeit war auch in der Weihnachtszeit 1952 einer meiner besten Freunde über Nacht verschwunden. Der Vater war Arzt, die waren also kurz vor Weihnachten irgendwie weg, wir hatten das gar nicht gemerkt. Ich hatte an ihrer Haustüre geklingelt, es machte aber niemand auf, irgendwann kam eine Nachbarin raus und sagte: „Die sind nicht mehr da, die sind bei Nacht und Nebel verschwunden.“

Ein anderer Freund, dessen Eltern getrennt waren – der Vater war nach dem Krieg in Kiel geblieben, während die Mutter mit den Kindern in Halle geblieben war –, dieser Freund hatte mir dann unter dem Siegel der Verschwiegenheit gesagt: „Also, wenn die Schule zu Ende ist, ziehen wir auch nach Kiel. Mein Vater will uns bei sich haben, er besorgt uns eine Wohnung, in der wir mit unserer Mutter da wohnen können.“

Dass die Freunde mehr oder weniger wegfielen, das kam auch ein bisschen durch den Umzug zustande. Ich hatte mich aber auch einige Zeit vorher für den Fußballverein angemeldet, und wir hatten einmal in der Woche Training. Samstags oder sonntags Vormittag hatten wir dann auch ein Spiel.
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Sa Okt 31, 2020 11:15 pm

Politisches Geschehen während meiner Kindheit
31. Oktober 2020 von Dieter Schilling
Gründung der DDR

Die DDR wurde bekanntlich1949 gegründet. Damit änderte sich einiges massiv auf dem Gebiet Ostdeutschlands, z. B. wurden die 5 Länder Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt in 14 Bezirke untergliedert. Das Land Thüringen hatte als Beispiel den Bezirk Suhl, Bezirk Erfurt und Bezirk Gera. Für jeden Bezirk gab es eine Regierung, die nannte sich Bezirkstag. Dort gab es einen Vorsitzenden, analog Ministerpräsidenten. Ferner gab es eine Bezirksleitung der SED, also die Partei, die hatte eigentlich das Sagen. Dort gab es die Bezirksleitung Pioniere, Bezirksleitung FDJ, Bezirksbehörde der Volkspolizei, und, und, und. Die Staatssicherheit gab es auch noch für jeden Bezirk, das heißt es gab also viele Häuptlinge und wenig Indianer. Das wirkte sich natürlich auch auf die Wirtschaft aus.

Die Gründung der DDR mit ihren 14 Bezirksregierungen wurde auch in der Schule entsprechend in den Pionierunterrichten gewürdigt. Es standen immer drei Begriffe im Vordergrund: a) Freundschaft zur Sowjetunion, b) Frieden und dann – ich spreche mal wie die Funktionäre sprachen – c) die bösen Kapitalisten und Imperialisten. Das waren also die Dinge, die uns in der Kindheit und Jugend eingetrichtert wurden.

Erste Opfer der Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur SED

Es gab bereits 1946 den Vereinigungsparteitag KPD/SPD zur SED. Unser Nachbar, Herr Seeburg – das habe ich erst später erfahren – war schon in der Nazizeit ein grosser SPD-Genosse und hat sich seinerzeit im Untergrund einer Gruppe angeschlossen. Herr Seeburg hatte sich öffentlich gegen die Vereinigung gestellt, ja, und eines Abends wurde er abgeholt.

Ich kann mich daran erinnern, dass seine Frau in unserer Küche stand und weinte. Da ich noch Kind war, bin ich vor Angst stiften gegangen, da ich nicht wusste, was los war. Am nächsten Tag waren sie nicht mehr da. Herr Seeburg wurde noch in der Nacht entlassen. Da packte das Ehepaar gleich seine Koffer und flohen in den Westen. – Vor dem Mauerbau war das ja noch möglich

Danach zogen Umsiedler aus dem Osten in deren Wohnung ein, mit denen wir uns mit ganz gut verstanden.

Volksaufstand in der DDR am 17. Juni 1953

Wir hatten im Juni 1953 am Ende der achten Klasse nur noch Abschlussprüfungen, dazwischen waren immer mal freie Tage. Im Juni waren wir von unserem Fußballklub so 5, 6 Jugendliche zusammen im Freibad. Das Freibad war direkt neben dem Fußball-Stadion in den 1930-er Jahren gebaut worden, und es passte beides harmonisch recht gut zueinander. Wir hatten auch Fußball gespielt. Auf einmal kamen LKWs mit jeder Menge Leuten drauf im Blaumann und mit Transparenten, auf denen Sprüche standen, sie haben geschimpft und die Staats- und Parteiflaggen am Stadion runtergerissen. Oh, was geht denn hier los, dachte ich, und dann waren die auch wieder weg.

Als ich am Nachmittag nach Hause kam, war meine Mutter in großer Aufregung: „Wo warst du denn? In der Stadt wird doch geschossen.“ Ich wusste nicht, was passiert war. Wir hatten beim Schwimmen überhaupt nichts mitbekommen. Am späten Nachmittag kam mein Vater von der Arbeit. Sein Büro war direkt gegenüber des Gewerkschaftshauses. Er berichtete meiner Mutter – wir haben als Kinder natürlich die Ohren ausgefahren –, dass das Gewerkschaftshaus gestürmt wurde, dass die systemkritischen Menschen Gewerkschaftsfunktionäre oder auch Gerichtsmitarbeiter verprügelt, die Möbel und die Akten aus den Fenstern geschmissen hatten, und da tüchtig Streit war. Panzer von den Russen wären aufgefahren, aber von Schüssen hatte er nichts gehört.

Dies musste sich mehr oder weniger im Zentrum am Markt von Halle abgespielt haben. Heute steht da eine Gedenktafel, auf der von über 1000 Demonstranten berichtet wird. Es waren so zwei, drei Tage mit ein bisschen Unruhe, dann wurde es ruhiger. Ich hörte von einem Fußballkameraden, dass dessen Schwagerund seine Schwester unmittelbar an dem Arbeiteraufstand beteiligt waren und man den Schwager verhaftet hatte. Die Schwester war irgendwie davon gekommen und konnte sich nach Westberlin absetzen. Das Schlimme war aber, dass die Familie meines Klassenkameraden jeden Tag die Polizei wegen Hausdurchsuchungen im Haus hatten. Ach von Befragungen war die Rece, so dass man schon als Kind mitkriegte, was da so etwa losging; als Kind fand man das natürlich sehr bedrohlich.

Wir hatten dann Ende Juli 1953 die Schulabschlussfeier, die war, bedingt wahrscheinlich durch die Randale am 17. Juni, etwas gesitteter. Es wurden die üblichen Volkslieder gesungen, die Rede war auch recht unpolitisch, möchte ich sagen, es ging also mehr oder weniger nur um die Entlassung der Schüler und Wünsche für den weiteren Lebensweg. Wir kriegten dann unsere Zeugnisse ausgehändigt, und das Ding war beendet.
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Sa Okt 31, 2020 11:22 pm
Dieter Schilling
31. Oktober 2020 von Brigitte Reuß
Profil

Dieter Schilling wurde als erstes Kind seiner Eltern Ilse und Werner Schilling 1939 in Halle an der Saale (heute Sachsen-Anhalt) geboren. Damals zählte Halle ca. 220.000 Einwohner. Seine Eltern stammten beide aus Thüringen, aus Erfurt und Zeitz. Die ersten Jahre seiner Kindheit lebte er mit der Mutter alleine in Halle, da der Vater mit Kriegsbeginn zur Armee eingezogen wurde. Eine unbeschwerte Kindheit konnte er nicht erleben, denn er erlebte zahlreiche Fliegerangriffe auf seine Heimatstadt und musste währenddessen mit seiner Mutter Schutz im hauseigenen Keller suchen. Als die Luftangriffe heftiger wurden, zog die Mutter mit ihm zu ihrer Mutter nach Zeitz. Erst nach der Geburt ihres zweiten Sohnes im Jahr 1943 sind sie auf Grund der beengten Wohnverhältnisse gemeinsam mit der Großmutter nach Halle zurückgekehrt. Die Großmutter war eine große Hilfe und Stütze für die kleine Familie.

1945 wurde Herr Schilling eingeschult. Nach Abschluss der 8-jährigen Grundschule verweigerte er den Besuch der Oberschule und machte eine Lehre (1953-1955) als Maschinenschlosser bei der Pumpenfabrik Weise-Monski in Halle. Nach 2 Jahren Lehre folgte 1 Jahr als Jungfacharbeiter.

Der aufkommende Wunsch zu studieren erforderte die Ableistung des Wehrdienstes bei der Nationalen Volksarmee für die Dauer von  1,5 Jahre. Durch die Initiative „Industriearbeiter auf das Land“ konnte er eine 1,5-jährige Weiterbildung zum Motoren- und Landmaschinenschlosser machen, was Voraussetzung für ein Studium war. Nach seinem Einsatz bei der Maschinen- und Traktorenstation in Gröbers bei Halle an der Saale konnte er die Oberschulreife nachholen. Von dort zum Studium der Ingenieurwissenschaften 1957 an der Ingenieurschule für Maschinenbau an der MTS (Maschinen Technische Schule) in Leipzig delegiert (bis 1960). Mit Abschluss des Ingenieurstudiums wurde er zwangsverpflichtet zum VEB Mähdrescherwerk in Weimar.

1953 lernte er seine spätere Ehefrau Ingeborg kennen, von Beruf war sie Finanzassistentin. Sie heirateten 1962, der gemeinsame Sohn kam im gleichen Jahr zur Welt.[b]

Seit 1961 arbeitete er in einem technologischen Zentrum für Schweißtechnik. 1962 qualifizierte er sich zum Schweißfachingenieur in Halle an der Saale. Zwischen1965-1972 ein Abend- und Fernstudium an der TU Dresden ab und machte den Abschluss ‚Dipl.-Ing. Fertigungstechnik’.

Als Assistent des Forschungsdirektors hatte er Zugang zu sensiblen Daten und wurde zur Vertraulichkeit verpflichtet. Ab 1970 war er auch Angehöriger der Kader der Westreisenden. Viele Westreisen zu Fachtagungen und Kongressen sowie Messen gehörten zu diesem Bereich.

1982 wechselte er mit seiner Frau in die Bundesrepublik und fand in seinem angestammten Beruf sehr rasch wieder Arbeit, und zwar bei der Krupp-Industrietechnik in Duisburg. Er war bis zum Rentenbeginn Leiter der Schweißtechnik und Fertigungsleiter für den Stahlbau.
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Sa Okt 31, 2020 11:31 pm
Veranstaltungen

Berufsweg
31. Oktober 2020 von Dieter Schilling
Inhalt
1 Oberschule oder Lehre?
2 Lehre nach dem Schulabschluss
3 Politische Einflussnahme in der Lehre
4 Verpflichtende Freizeitgestaltung
5 Sozialistische Brigade und die Tarnung von Arbeitslosigkeit
6 Dauer der Lehre und Studienwunsch mit Bedingungen
7 Landreform in der DDR
8 Probleme der LPGs mit Maschinen und deren Bedienung
9 Chance mit der Arbeiter- und Bauernfakultät (ABF)
10 Endlich im Studium
11 Meine ersten Berufsjahre
12 Westreisekader
Oberschule oder Lehre?

In der 8. Klasse wurde die Entscheidung getroffen für den weiteren Lebensweg: entweder 4 Jahre Oberschule oder einen Beruf erlernen. Der Oberschulbesuch war von der schulischen Leistung abhängig und wurde vom Lehrerkollegium entschieden. In meinem Berufsleben habe ich viele gestrauchelte Abiturienten erlebt, wo die Eltern darauf drangen, dass ihre Kinder unbedingt Abitur machen sollten, die dann Schlosser gelernt oder irgendeinen anderen Beruf ergriffen haben. Sie wären dem wahrscheinlich aus dem Weg gegangen, wenn die Entscheidung den Lehrer überlassen worden wäre.

Das wurde später unheimlich ausgenutzt, denn es gab immer jedes Jahr – oder nach zwei Jahren – die Parteitage der SED, auf denen irgend etwas Neues ausgeklügelt wurde, z.B. dass wir mehr Arbeiterkinder brauchten, die studieren. – Es war also insgesamt ein Politikum, wer auf die Oberschule gehen durfte und wer eine Berufsausbildung beginnen musste. Das ist ja erst mal vernünftig. Man sollte allen die Chance geben und schwache Schüler fördern, damit diese auch zum Studium kommen.

Lehre nach dem Schulabschluss

Nach Schulende traf ich dann öfter noch mit meinen Fußballfreunden zusammen. Eines Tages saßen wir mal wieder zusammen, da sagten die: „Mensch, nächste Woche werden in dem Pumpenwerk in Halle Lehrlinge aufgenommen, da gibt es 60 Mark Lehrlingsgeld. Da hat man ein bisschen Geld. Willst du nicht mitkommen?“ – Und so ging das hin und her. Irgendwie dachte ich: Na ja, gehst mal mit.

Die Woche darauf gab es die Zeugnisse, und ich fuhr sofort nach Leipzig. Es waren so ungefähr 40, 50 Jugendliche, die da alle warteten, was da kommt. Wir wurden in Gruppen aufgeteilt. Die ganze Ausbildungswerkstatt wurde uns gezeigt. Weise-Monski hieß die Firma im Volksmund, nach den Gründern. Der Betrieb wurde enteignet. Es war ein Betrieb mit ungefähr 1000 Mann Belegschaft, also ein größerer Betrieb. Der war auch nicht ausgeschlachtet worden in dem Maße, wie das in anderen Firmen war.

Herr Schilling schreibt noch etwas dazu

Die Lehrwerkstatt hatte hinten einen Kopfbau, der mit mehreren Klassenzimmern als Berufsschule eingerichtet war, dahinter befand sich die Werkstatt. Diese war in drei Teile geteilt, in einer Reihe standen nur Drehmaschinen, in der Mitte waren Werkbänke und rechts waren die Werkzeugausgabe, der Maschinenpark mit Hobelmaschinen, die Fräsmaschinen usw. und hinten war noch eine Schmiede.

Zuerst gab es so kleine mündliche Befragungen. Für eine schriftliche Prüfung hatte man uns da auf die einzelnen Zimmer verteilt. 14 Tage darauf kriegten wir einen Brief, den ich schon abfing, bevor meine Eltern ihn lesen konnten, und da stand drin, dass für mich ab 1. September das Lehrjahr beginnen sollte.

Hier kommt noch was.

Wie sah das in der Lehre aus? Wir hatten also einen entsprechenden Ausbilder, so um die 50 Jahre, der Erfahrung in der Ausbildung von jungen Menschen hatte. Wir waren als Schlosserlehrlinge etwa 25 Jungs, und es waren noch 3 Mädels dabei; aber es stellte sich schnell heraus, dass sie nur 1 Jahr mitmachen und danach weiter als technische Zeichnerinnen ausgebildet würden. Unter den 25 Jungendlichen waren noch drei ältere dabei, die die Oberschule abgebrochen hatten. Wir arbeiteten an 6 Tagen insgesamt 48 Stunden – damals war das ja normal. Wer unter 18 war, der brauchte nur 45 Stunden arbeiten. Aber durch die Berufsschule ergab es sich sowieso, dass wir die ganze Woche im Einsatz waren. An zwei Tagen war immer Berufsschule, wo also bestimmte berufsbezogene Fächer, wie Fachrechnen, Werkstoffkunde und Maschinenkunde und solche speziellen Fächer, durchgenommen wurden.

Politische Einflussnahme in der Lehre

Wir hatten auch das Fach Staatsbürgerkunde. Da bekamen wir eine neue Lehrerin, die uns mit den Vorzügen des Sozialismus vertraut machte, also Literatur von Marx, Engels, Lenin, Stalin. Es gab also dicke Wälzer, wo auszugsweise dann bestimmte Dinge behandelt wurden. Wir hatten einen FDJ-Sekretär, der uns häufig in die Mangel genommen hatte. Es ging z.B. darum, dass bei Demonstrationen – 1. Mai, 8. Mai, Tag der Befreiung, Tag der Republik usw. – die Jüngeren vorneweg ziehen mussten in Blauhemd mit Fahne und Transparenten – das war praktisch die Staffage für die Demonstration, wir waren da also immer fällig und mussten somit marschieren.

Verpflichtende Freizeitgestaltung

Die Dinge verschärften sich dann noch etwas, weil die neu gegründete ‚Gesellschaft für Sport und Technik‘ um uns warb, und zwar für Motorradfahren, Geländefahren für Motorrad, Funkausbildung, Tauchausbildung, Schießausbildung. Bei uns im Betrieb gab es dann also zwei Sektionen, das war Motorradfahren und Schießen. Für Motorradfahren hatten sich natürlich alle entschieden, aber es gab nur zwei Motorräder. Dann bin ich zum Schießen, das war mehr oder weniger Schießsport, wo mit Kleinkaliber-Pistolen und Gewehren geschossen wurde.

Wir trafen uns zwei-, dreimal in der Woche, und es ging also darum, dass sie uns ein bisschen mehr in den Klauen hatten, dass wir nicht irgendwie anderweitig ausscherten.

Aber es gab dann auch immer so Ideen, die sich herausbildeten, wenn es hieß: Demonstrationen – ihr müsst das publik machen. Dabei mussten wir mitmachen, mit dem Transparent vorneweg. So haben sich dann die älteren Kollegen immer an unserer Einsatzfreude schadlos gehalten und sich hinter uns versteckt.

Sozialistische Brigade und die Tarnung von Arbeitslosigkeit

Es gab dann noch mehr Einsätze, beispielsweise in der Sozialistischen Brigade. Es ist so gewesen: In der DDR gab es ja offiziell keine Arbeitslosigkeit, es gab ja auch kein Arbeitslosengeld, jeder hatte eine Arbeit. Es gab natürlich Leute, die wirklich arbeitslos waren, das konnte z. B. ein Lehrer sein, der mal im Unterricht etwas Unrechtes gesagt hatte, der von der Schule verwiesen worden war, und der fand natürlich nirgendwo Arbeit in seinem Beruf. Der konnte dann sehen, wie er zurecht kam. Das waren also unsere Arbeitslosen.

Dann gab es natürlich auch wie in jedem Land der Welt Leute, die es nicht so mit der Arbeit hatten, die dem Alkohol zugeneigt waren, und die hießen in der DDR Problembürger. Die Problembürger, die mussten also wieder in den Arbeitsprozess integriert werden. Dies ging so weit, dass wir teilweise als Jungfacharbeiter früh morgens um 7 Uhr losgingen mit einer Adresse, dort klingelten und den Betreffenden mit zur Arbeit brachten. Manchmal hatte er verschlafen, dann zog ich weiter und sagte ihm, komm mal nach. Eigentlich war alles eher eine Behinderung, aber so sollte ein bisschen die sozialistische Erziehung sein, also die Mitnahme aller Menschen. Na ja.

Dauer der Lehre und Studienwunsch mit Bedingungen

Die Ausbildung ging über 2 Jahre und dazu kam noch ein Jahr Jungfacharbeiter, das heißt, man kam in den Betrieb rein, dort wurde man in eine Arbeitsgruppe integriert mit Altgesellen, mit denen man dann zusammenarbeitete, die einem noch ein paar Kniffe zeigen konnte. Die Bezahlung war auch schon die unterste Tarifklasse für Facharbeiter.

Während der Ausbildung und auch während der Zeit als Jungfacharbeiter kam bei mir plötzlich der Wunsch, doch noch zu studieren. Bei einer Gelegenheit, als nämlich ein FDJ-Sekretär kam, hatten ein Freund von mir und ich dann mal im Büro angeklopft, ob es denn möglich wäre, uns zum Studium zu delegieren. Er stimmte, es sei kein Problem. Wir sollten 1 ½ Jahre zur Armee gehen und danach zum Studium. Da fiel uns natürlich erst mal die Kinnlade runter. Das wollten wir uns erst noch überlegen. Es war also so, dass die DDR angefangen hatte, eine Armee aufzubauen, hatte aber gleichzeitig nicht den Mut zu einer Wehrpflicht, sondern wollte das „auf freiwilliger Basis“ durchsetzen. Dazu setzte man nun alle möglichen Druckmittel ein, um junge Leute in die Armee zu kriegen, vor allen Dingen solche, die studieren wollten.

Für uns war das Problem erst mal aus der Welt, denn zur Armee wollten wir beide nicht. Es verging auch eine ganze Weile, bis unser lieber FDJ-Sekretär wiederum auf uns zu kam und uns noch einmal auf unseren Studiumswunsch ansprach: „Ja, passt mal auf. Auf dem letzten Parteitag hatte man beschlossen, dass Industriearbeiter aufs Land gehen sollten. Wenn ihr das machen würdet, dann könnt ihr anschließend studieren.“

Landreform in der DDR

Seit August 1945 (bis 1949) lief ja eine große Landreform unter dem Motto ‚Junkerland in Bauernhand‘. Alles, was über 100 Hektar war, wurde entschädigungslos enteignet, teilweise wurden die Eigentümer ins Gefängnis gesteckt.

Ich möchte es einmal so beschreiben: Ein Landarbeiter, der von früh bis abends im Kuhstall war, wenn der jetzt plötzlich ein Hektar oder zwei Hektar Land kriegt, dann steht er auch da wie die Kuh vorm Tor. Das Resultat dieser Art Landreform war also, dass die Landwirtschaft schlecht wurde. Es gab also massive Missernten. Und die sogenannten Neubauern hatten zwar alle eine Kuh und zwei Schweine, wovon sie eins abgegeben mussten, das andere war für sie selbst – damit kann man aber natürlich keinen Staat ernähren.

Diese Landreform zog sich so bis ca.1952, dann wurden die LPGs (Landwirtschaftliche Produktions Genossenschaft) gegründet. Das hieß dann: Alles wieder zurück, wir machen jetzt eine Genossenschaft, und jeder arbeitet fleißig mit. Einige machten aber nicht sofort mit, warteten ab und stellten sich lieber hinten an. So richtig lief diese Neuorganisation also gar nicht an.

Probleme der LPGs mit Maschinen und deren Bedienung

Denn dort wo es einigermaßen lief, hatten die LPGs natürlich keine Maschinen. Also gründete man sogenannte Maschinenausleihstationen (MAS), wo man Traktoren, Pflüge, bis hin zum Mähdrescher ausleihen konnte. Dann stellte man plötzlich fest, dass keiner mit den Gerätschaften so richtig umgehen und keiner sie reparieren konnte; somit wurden sie defekt hingestellt.

Es reifte die Erkenntnis, sie bräuchten Arbeiter. Wir meldeten uns dort, und der FDJ-Sekretär versicherte uns, wenn wir dort 1 bis 1 ½ Jahr arbeiteten, könnten wir wiederkommen, um zum Studium zugelassen zu werden.

Ich muss sagen, die Ausbildung dort war sehr gut und richtig zielgerichtet, ohne Politik. Das war wirklich Arbeiten und Lernen von früh bis abends an den Geräten. Dazu machten wir dann noch die Fahrerlaubnis, das war wichtig für uns junge Leute. So kam ich praktisch in eine sogenannte MTS (Maschinen Traktoren Station) und hatte 15 Traktoren unter mir; dafür gab es die Berufsbezeichnung des Traktoristen.

Früh wurde da betankt, und ich musste als Mechaniker nach dem Rechten gucken, also ob die Maschinen abgeschmiert waren, ob alles in Ordnung war, und dann konnten die raus auf ihre Felder. Ich fuhr dann mit dem Motorrad von Feld zu Feld und kontrollierte, ob alles in Ordnung war. Es war eigentlich ein ganz guter Job.

Chance mit der Arbeiter- und Bauernfakultät (ABF)

Richtig gut war die sogenannte ABF, das heißt Arbeiter- und Bauernfakultät. Dort konnten also Menschen, die schon im Beruf waren, die durch Kriegsereignisse oder weil die Eltern kein Geld hatten, ein Abitur mit 180 Mark Stipendium machen. Diese ABFs waren in der Regel Universitäten angegliedert, sodass danach der Übergang zur Universität möglich war. Das haben recht viele genutzt, die damit die Möglichkeit hatten, ihr Abitur nachzuholen.

Es war also nicht alles nur schlecht in der DDR, es gab auch gute Ansätze, die aber irgendwie verwässert wurden. Genauso mit diesen Delegierungen zur Oberschule, das hat man dann weidlich ausgenutzt. Wenn da jemand war, der sich in der Kirche engagierte, kamen dessen Kinder eben nicht auf die Oberschule, weil sie eben keine Arbeiterkinder waren, irgendwas hat man immer gefunden. Vieles war gut gemeint, aber es es gab vieles, was dann schlecht gehandhabt wurde.

Endlich im Studium

1957 kurz vor Beendigung der 1 1/2 Jahre ging ich zum Chef von der MTS und brachte meinen Wunsch zum Studieren noch einmal vor. Er sagte: „Kein Problem, ich schreib dir eine Delegierung.“ Ich ging praktisch zum Studium an die Ingenieurschule, und dort sagte man uns direkt am ersten Tag, wo es lang geht: pünktlich alle Tage, kein Schwänzen, es wird die Anwesenheit kontrolliert, zweimal eine 5, dann wäre man runter von der Schule. Es war also ein recht strenges Regime.

Ich hatte noch ein bisschen Trubel mit dem Stipendium, statt 180 Mark hatten sie mir nur 120 Mark gegeben, weil mein Vater Angestellter war. Ich widersprach, wieso, ich bin Arbeiter, und da haben wir ewig hin- und hergestritten. Und so nach einem halben Jahr gaben sie dann nach, und ich bekam die 180 Mark.

Als neues Lehrfach gab es Marxismus, Leninismus und Ökonomie. In Studentenkreisen wurde nicht viel politisch geredet. Es gab da so kleine Grüppchen, wo man sich sicher war, dass keiner zuhörte … obwohl, ganz so sicher – das habe ich aber erst nachher erlebt – waren wir doch nicht. Da gab es z.B. den Spruch, der angeblich von Karl Marx war: Freiheit ist die Einsicht in die Notwendigkeit (der Spruch ist von Hegel). Das war also das Resultat des Marxismus, Leninismus und Politikökonomie.

Die ersten Semesterferien waren eine große Enttäuschung, wir mussten von unseren Semesterferien 4 Wochen zur Armee in die Garnisonsstadt Prenzlau (Brandenburg). Dort brachte man uns bei, was man alles zum Leben bräuchte. Es ging also los: morgens antreten, 1. Reihe zwei Schritt, 2. Reihe ein Schritt vor, Knöpfe und Schuhe kontrollieren. Dabei merkte der Spieß, dass ich wahrscheinlich mein ganzes Leben die Schuhe falsch geputzt hatte, was mir neu war, man musste nämlich auch den Steg – also zwischen Sohle und Absatz – den musste man auch einschmieren. Zugleich hatten wir 1 ½ Stunden Politik-Unterricht durch Politoffiziere, und wir hingen da ziemlich durch. Man lernte, mit offenen Augen zu schlafen. Der Politoffizier redete sich öfter in Rage, sein Schlusswort war immer: Deutschland den Deutschen, Korea den Koreanern – plötzlich schrie einer von hinten: „Und Indien den Indianern.“ Alles lachte, der vorne bekam eine rote Birne. Und dann ging das Geschrei los. Den armen Hund, der die Indianer nach Indien gebracht hatte, den haben sie von der Schule geschmissen.

Nach Abschluss der dreiwöchentlichen Übungen wurden wir im Range eines Soldaten entlassen. Nach Abschluss des Studiums und evtl. weiteren Wehrübungen wurden die Absolventen in den Offiziersrang erhoben.

Meine ersten Berufsjahre

Nach meinem Studium wurde ich in einen Betrieb in Weimar verpflichtet.Das war familiär eine Katastrophe. Da meine Frau schwanger war und im letzten Semester ihres Studiums, konnte sie jede Hilfe gebrauchen. Ich versuchte mehrfach, meinen Vertrag zu lösen, nach ca. 6 Monaten war es mir dann endlich gelungen.

Anfang der 1960er Jahre erkannte die Regierung, dass in der Wirtschaft unbedingt eine Verbesserung der Rentabilität erreicht werden musste, zumal die Flucht von Menschen in den Westen den Arbeitskräftemangel und damit den Abschwung der Wirtschaft verstärkte. Es wurden technologische Zentren für die verschiedene Fertigungsgebiete gegründet. So ein Zentrum gab es auch in meiner Heimatstadt Halle. Aus der ehemaligen SLV Halle entstand ein ‚Zentralinstitut‘. Für die neuen Aufgaben wurden Hoch- und Fachschulkräfte dringend benötigt, zumal auch hier die Fluchtwelle große Lücken hinterlassen hatte.

Im Frühjahr 1960 wurde ich somit als Assistent des ebenfalls neuen Forschungsdirektors eingestellt. Mit der neuen Struktur galten auch erhöhte Sicherheitsanforderungen. Als Assistent des Forschungsdirektors hatte ich Zugang zu sensiblen Daten aus Forschung und Industrie. Deshalb wurde ich zur ‚Vertraulichkeit‘ verpflichtet. Mir war klar, dass ich bei den zuständigen staatlichen Stellen dafür überprüft wurde.

Eines Tages sprach ein Mitarbeiter mich an, da er einen ehemaligen Studienkollegen gesehen hatte, der persönlich vom Institutsdirektor durch das Institut geführt wurde. Wir fanden das sehr eigenartig. In der Folge wurden wir darüber informiert, dass das unser Bevollmächtigter der Staatssicherheit ist, der auch ein Büro in unseren Haus hatte. Damit wurden auch häufig Kontrollen zur Sicherheit und den Umgang mit vertraulichen Dienstsachen durchgeführt. In den folgenden Jahren war ich häufig dienstlich in den Staaten des sozialistischen Wirtschaftsgebietes unterwegs und habe dort an Arbeitsgruppen oder Fachveranstaltungen teilgenommen.Später übernahm ich im Institut eine Abteilung, die sich mit der Überprüfung und der Zulassung von Schweißbetrieben befasste. Eine derartige Stelle gab es auch in der BRD, die ähnliche Aufgaben wahrnahm.

Westreisekader

In allen Staaten der Erde ist es notwendig, dass sich Wissenschaftler, Ingenieure und Kulturschaffende in einen internationalen Erfahrungsaustausch begeben. Selbst diktatorische Staaten können es sich nicht leisten, z.B. Wissenschaftler von Tagungen, Kongressen und Industriemessen abzuhalten, da sie für den Fortbestand des Regimes notwendig sind. So war auch die DDR gezwungen, trotz aller Abschottungsmaßnahmen, Menschen die Möglichkeit zum internationalen Austausch zu geben.

Zu dieser Zeit hatte die Regierung der DDR große Anstrengungen zur internationalen Anerkennung unternommen. Die Mitgliedschaft der DDR im internationalen Institut für Schweißtechnik war die Folge. Damit ergab sich, dass eine erhebliche Zahl von Mitarbeitern zu Westreisekadern ernannt werden mussten, um an Kongressen oder Arbeitsgruppen teilzunehmen. Eine Regelung des IIW führte dazu, dass bei Exporten sicherheitsrelevanter Erzeugnisse, eine Überprüfung und Zulassung der jeweiligen Hersteller des Lieferlandes notwendig wurde. Eine gegenseitige Anerkennung wurde ausgeschlossen. Damit mussten weitere Mitarbeiter für diese Aufgaben, die auch eine erhebliche Einnahme an Gebühren in DM erbrachten, vorgesehen werden.

Ich kannte die Regeln der Stasi seinerzeit nicht, aber aus den Befragungen konnte man entnehmen, dass eine Flucht des Ausreisenden in den Westen verhindert werden musste. Mir war klar, dass es regelmäßig Überprüfungen durch die Stasi gab. Das bedeutete z.B.: Die Ehe muss intakt sein, und Kinder in der Familie geben eine Sicherheit, damit der Ausreisende wieder zurückkommt. Wenn der Ausreisende keine Westverwandtschaft hatte, war das ein weiterer Grund für die Aufnahme in diesen Westreisekader. Die Parteimitgliedschaft in der SED war sicher weniger ausschlaggebend, weil selbst eine Reihe von SED-Genossen das Weite gesucht hatten. Bis zum Mauerbau hatten über 2 Millionen Menschen das Land verlassen.Von einer Nachbarin wurde meine Frau darüber informiert, dass 2 Männer bei ihr um Auskunft über unsere Familienverhältnisse und unsere Einstellung zum Staat erfragt haben. Meine Frau war darüber nicht gerade amüsiert. Mein Kommentar dazu: „Die arbeiten an meiner Zulassung als Westreisekader.“

Die Genehmigung wurde zunächst für eine Dienstreise ins damalige Jugoslawien erteilt. Danach erfolgten viele Dienstreisen nach Frankreich, Schweden, Westberlin und in die Bundesrepublik.Zur Vorbereitung der Reisen wurden die Betriebe informiert, die Termine abgesprochen und der Reiseablauf festgelegt. Die Zusammenstellung der Reisegruppen erfolgte zunächst nach fachlicher Kompetenz. Die endgültige Zustimmung erfolgte dann durch das Okay der Sicherheitsstellen. Den grünen Reisepass der DDR erhielten die Dienstreisenden über unsere Reisestelle direkt aus Berlin zugestellt. Der Reisepass musste sofort nach Beendigung der Reise zurückgegeben werden. Die Verhaltensweise gegenüber den Besuchten waren in regelmäßigen Schulungen klar umrissen. Die Gespräche sollten ausschließlich zu fachlichen Themen geführt werden. Politische sowie private Gespräche seien zu unterlassen.

Nach Ende einer jeden Reise erfolgte die Auswertung. So wurde ein sogenannter24-Stunden Bericht verlangt. Nach Rückreise am Samstag musste dieser Bericht beim zuständigen Bevollmächtigen der Staatssicherheit spätestens bis 8.00 Uhr am nächsten Werktag vorgelegt werden. Der Bericht wurde von jedem Dienstreisenden auf einem einheitlichen Formular erstellt, wobei jeder über die anderen Mitreisenden berichtete. In dem Bericht wurden gezielte Fragen gestellt:z.B.

Wer hat das Hotel bestellt? – Name und Anschrift, Zimmer-Nr.
Wurde von den Mitreisenden privat telefoniert oder ein Brief verschickt?
Hat sich der Mitreisende von der Reisegruppe getrennt aufgehalten?
Hat der Mitreisende Geschenke erhalten. Welche?
Wurden abfällige Äußerungen über die DDR und deren Staatsorgane getätigt?… usw.
Nach Abgabe der Berichte erfolgte häufig eine persönliche Befragung.

Die Reisen waren für mich insofern positiv, da man durch die Vielzahl der besuchten Betriebe seine technischen und technologischen Kenntnisse erweitern konnte. Negativ war, dass die in den Jahren gewachsene Zahl der Neider im Betrieb sich natürlich vergrößerte. Am allerschlimmsten war aber, dass der häufige Kontakt zur Stasi bei Freunden und Kollegen zu Misstrauen führte.
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Monika56
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So Nov 01, 2020 11:17 am
Lieber Joggeli,

ich lese deine Geschichten gern.
Früher habe ich noch viel mehr gelesen als heute.
Heute schreibe ich die Geschichten selbst. (Lehrjahre).

Also ein Spätberufener. Very Happy

Ich wünsche dir einen schönen Feiertag (Allerheiligen), und immer schön brav bleiben. Very Happy

Moni


PS: Am Hochfest Allerheiligen wird traditionell aller Heiligen der Kirche gedacht, auch derer, die sich keinen großen Namen gemacht haben. (Also so wie ich zum Beispiel. Aber was nicht ist, kann ja noch werden).
Begangen wird der Tag in der westlichen Kirche am 1. November, in der östlichen Kirche am ersten Sonntag nach Pfingsten.
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joggelich
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Mo Nov 02, 2020 8:33 am
Das könnte Euch interessieren

Zeitzeugen - Seite 2 1wdkeo

https://www.srf.ch/audio/zeitblende

Darunter

Zeitzeugen - Seite 2 2wojkf

Mauerfallkinder: Geboren in der Diktatur - aufgewachsen im Umbruch
Wie ist es für Kinder und Jugendliche in einer Diktatur aufzuwachsen - die dann plötzlich in sich zusammenbricht? Und wie prägt all das einen?
AutorIn: Susanne Stöckl,  Moderation: Susanne Stöckl,  Redaktion: Susanne Stöckl

30 Jahre nach der Wiedervereinigung von Ost- und Westdeutschland schauen bei uns 3 Frauen auf ihr Aufwachsen in der DDR zurück, erzählen wie sie das Leben hinter Mauern erlebt haben, wie den Mauerfall und die Umbrüche danach.

31.10.2020, 10:03 Uhr

https://www.srf.ch/play/radio/popupaudioplayer?id=84841921-3a76-44fc-b337-baffd7b8f23d

Natürlich sind auch weitere Themata interessant wie

-  Starke Kerle – warum weisse US-Amerikaner Republikaner wählen
-  Die Mayflower und der Gründungsmythos der USA
-  «Nachrichtensendungen waren Strassenfeger»
-  Das kurze Leben der Eva Braun

u.s.w. zum Reinhören bei Wetteragen, an denen man keinen Hund vor die Türe jagt.

Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern eine stressfreie neue Woche
Jogelli
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Di Nov 03, 2020 12:40 am
Zeitzeugen - Seite 2 1hwj6v
Heute vor 73 Jahren
Hercules hebt ab Am 2. November 1947 fliegt der Amerikaner Howard Hughes vor Journalisten die von ihm konstruierte Hercules. Sie legt in 20 Metern Höhe eine Distanz von 1,5 Kilometern zurück und erreicht eine Geschwindigkeit von etwa 160 Stundenkilometern. Es bleibt der einzige Flug dieses gigantischen Flugbootes. Das Bild zeigt Hughes auf dem Rücken der Hercules. (red) Foto: Getty Images
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Mi Nov 11, 2020 3:56 pm
Als der Frieden ausbrach
Erstaunlich ehrlich: Eine fiktive Serie des Schweizer Fernsehens SRF erzählt von jüdischen Überlebenden, von Antisemitismus und Nazigeschäften in der Schweiz 1945.

Von Stefan Keller, WOZ

Zeitzeugen - Seite 2 2045_19_frieden_tb22ko8
Endlich in der Schweiz – aber wie geht es weiter? Begrüssung der jüdischen Kinder und Jugendlichen aus dem KZ Buchenwald im Heim Felsenegg.
FOTO: SAVA HLAVACEK, SRF


Charlotte Weber war eine grosse Frau. Körperlich eher klein und fragil, kannte ich sie als mutige und geistreiche Dame, die im hohen Alter unbeirrt Zeugnis ablegte und dem selbstgefälligen Schweizer Geschichtsbild bei jeder sich bietenden Gelegenheit ihre eigenen Erlebnisse entgegensetzte.

Charlotte Weber starb im Jahr 2000 mit 88 Jahren. Es würde mich sehr interessieren, was sie von der neuen historischen Serie «Frieden» des Schweizer Fernsehens 2020 hielte, die zu einem wesentlichen Teil auf ihren Niederschriften beruht und die Geschichte der sogenannten Buchenwald-Kinder erzählt, die im Juni 1945 in die Schweiz einreisten: In einem Heim auf dem Zugerberg hat Charlotte Weber etwa hundert von ihnen betreut.

Es waren jüdische Jugendliche, viele kamen aus dem Vernichtungslager Auschwitz. Nach Buchenwald waren sie verschleppt worden, als die sowjetische Armee sich im Januar 1945 Auschwitz genähert hatte. Am 11. April 1945 befreiten US-Truppen das KZ Buchenwald.

Prestigeaktion mit Überlebenden

Die offizielle Schweiz stand bei Kriegsende vor erheblichen Imageproblemen: offen antisemitische Flüchtlingspolitik seit 1938, geschäftliche Verflechtungen mit dem Nazireich, Kriegsgewinne von Industrie und Finanzinstituten. Europa in Schutt und Asche, nur die Schweiz davon verschont – eine Insel der Glückseligen, wie manche dachten, Kollaborateure und Profiteure des Schreckens, wie andere sagten.

Um bei den Alliierten etwas besser dazustehen und die Geschäfte der Zukunft zu retten, musste jetzt einiges passieren: 1944 wird beispielsweise die «Schweizer Spende» gegründet, ein Hilfswerk, das einen Beitrag zum europäischen Wiederaufbau leisten soll und massgeblich von der Regierung finanziert wird. Nach der deutschen Kapitulation im Mai 1945 bietet die «Schweizer Spende» den Alliierten an, bis zu 2000 elternlose Kinder aus den Konzentrationslagern aufzunehmen, sogenannte Displaced Persons, damit diese sich in den Alpen von erlittenen Strapazen erholen und etwas schulische Bildung geniessen könnten.

Noch sitzen in Bern aber dieselben Politiker und Beamten, die während des Krieges die Grenze für Jüdinnen und Juden sperrten und selbst ganze Familien zu ihren Mördern zurücktreiben liessen. Jetzt will der Bundesrat höchstens Kinder unter zwölf Jahren einreisen lassen, dazu möchte er am liebsten Garantien, dass sie bald wieder gehen.

Im Sommer 1945 kommen schliesslich 374 jüdische Jugendliche in die Schweiz, fast alle sind älter als zwölf, denn jüngere Kinder überlebten die Lager selten. Ungefähr 200 sind jünger als siebzehn Jahre. Nach einer Quarantänezeit hinter Stacheldrahtverhauen – die nicht bloss die Jugendlichen an KZ-Zäune erinnern – und einer Selektion nach Jahrgang werden sie auf zwei Heime verteilt, eins davon ist die Felsenegg auf dem Zugerberg: der Ort, an dem die 33-jährige Lehrerin und Journalistin Charlotte Weber als Angestellte des Schweizerischen Roten Kreuzes sie erwartet.

Gut und Böse in einer Familie

Die Serie «Frieden» des Schweizer Fernsehens SRF setzt im Moment des Eintreffens der Jugendlichen – Knaben und junge Männer – aus Buchenwald ein. Charlotte Weber kommt nicht namentlich vor, ihre Figur ist aufgeteilt in jene der älteren Herbergsmutter Elsie Leutenegger und jene der jungen Lehrerin und Betreuerin Klara Tobler.

Auch andere Personen, von denen Charlotte Weber erzählt hat, tauchen verfremdet auf: der arrogante Vertreter des Schweizerischen Roten Kreuzes, der überforderte Lagerleiter, beide auf Disziplin versessen. Weitere Geschichtenstränge öffnen sich in der Serie: Sie gehen von der Tuchfabrik Frey AG aus, die mit der deutschen Niederlage ihre Kundschaft verliert und vor dem Zusammenbruch steht. Die junge Lehrerin Klara Tobler ist die Tochter des Patrons der Frey AG; ihr Bräutigam Johann Leutenegger ist der designierte Nachfolger seines baldigen Schwiegervaters und zugleich der Sohn der Herbergsmutter Elsie Leutenegger.

Wie es das Drehbuch will, arbeitet der Bruder von Johann, Egon, bei der Schweizerischen Bundesanwaltschaft, wo er gegen fliehende Kriegsverbrecher ermittelt und damit auf wenig Begeisterung bei seinen Vorgesetzten stösst. Um die Runde vollzumachen: Die Mutter von Klara, Fabrikantengattin und Schwiegermutter Johanns, ist eine vehemente Antisemitin. Sie pflegt zudem ein aussereheliches Verhältnis mit einem in der Schweiz untergeschlüpften Kriegsverbrecher, dem Egon auf der Spur ist. Und Egon selber, der Bundespolizist und Bruder des jungen Fabrikanten, wurde traumatisiert, da er als Oberleutnant im Tessin jüdische Flüchtlinge in den Tod ausschaffte: «Manche haben wir eigenhändig hinübergetragen, auch Kinder.» Verständlicherweise muss er viel saufen.

Es kommt also ordentlich etwas zusammen in dieser Konstellation. Die filmische Erfindung konzentriert die Guten und die Bösen in einer einzigen Familie. Sogar ein moderater Linker tritt auf, er ist der beste Freund des jungen Patrons und dessen Vorarbeiter. Dennoch hört man in den Dialogen kaum einen falschen oder peinlichen Ton; Möglichkeiten dazu gäbe es mit Sicherheit genug. Das Drehbuch stammt von Petra Volpe, die Filme wie «Die göttliche Ordnung» (über das Frauenstimmrecht) geschaffen hat. Es ist ein sehr schöner Text, auch sprachlich, nicht oft wird Schweizer Zeitgeschichte so ungeschminkt, so ehrlich und zugleich so fesselnd erzählt.

Nazigeschäfte und Liebesgeschichte

Um die Firma zu retten, die er nach der Heirat mit Klara übernimmt – der Schwiegervater bricht pünktlich an der Hochzeitsfeier zusammen –, will Johann Leutenegger die Produktion der Frey AG auf Kunstfasern umstellen. Er hausiert mit der Idee bei Banken, wird abgewiesen und schliesslich doch noch unterstützt: wie sich herausstellt, aus sehr düsterer Quelle. Die Arbeitsplätze scheinen gerettet, aber die dafür notwendige geschäftliche Nähe zu versprengten Nazis entfremdet Leutenegger von seiner Frau.

Um den «Buchenwald-Kindern» zu helfen, denen es bei ihren Gastgebern an allem mangelt, an Essen, Seife, Kleidern, Schulmaterial und vor allem an Respekt, organisieren Klara Leutenegger und ihre Kolleginnen eine Spendenaktion. Klara bemüht sich intensiv um die jungen, meist polnischen Juden, die nun endlich leben wollen, und emanzipiert sich dabei zusehends von den Regeln der militärisch denkenden Vorgesetzten: Dumm nur, dass sich die frisch verheiratete Fabrikantentochter mit einem zerlumpten KZ-Überlebenden auch erotisch einlässt, die persönliche Katastrophe ist absehbar.

Diese nicht sehr glaubwürdige erfundene Liebesgeschichte schadet dem Fortgang der TV-Serie aber wenig, sie löst im Gegenteil einige dramaturgische Probleme und verhindert ein braves Happy End. Kehren wir, ohne Weiteres zu verraten, nochmals zu Charlotte Weber zurück, die ich seinerzeit kennenlernte, weil ein ehemaliges «Buchenwald-Kind», ein 1945 siebzehnjähriger Überlebender, sie mir unbedingt vorstellen wollte.

Charlotte Weber ist als Betreuerin auf dem Zugerberg entlassen worden. Sie war zu freundlich und warmherzig, hörte den Jugendlichen zu, protokollierte ihre Geschichten, sammelte die vielen Zeichnungen, mit denen sie ihre KZ-Zeit zu verarbeiten suchten, trat für sie ein, wurde von ihnen als «Mutti» verehrt und wahrte insgesamt – so ein Vorwurf – die Interessen der Kinder mehr als jene des Roten Kreuzes. Nur weil Webers Teamkolleginnen kollektiv mit der eigenen Kündigung drohen und die Überlebenden ebenfalls scharf und geschickt protestieren, setzt das Schweizerische Rote Kreuz den Rausschmiss nicht durch. Bald danach wird das Lager aufgelöst. Jüdische Organisationen übernehmen die jungen Männer und bereiten sie auf die Auswanderung vor. Sie müssen das Land verlassen.

WOZ-Redaktor Stefan Keller ist Historiker und hat unter anderem die Schweizer Flüchtlingsgeschichte untersucht. Die TV-Serie «Frieden» von Michael Schaerer (Regie) und Petra Volpe (Idee und Drehbuch) wird vom 8. bis 11. November 2020 jeweils in Doppelfolgen im Schweizer Fernsehen SRF ausgestrahlt. Charlotte Weber hat ihre Erlebnisse mit jüdischen Flüchtlingen, Überlebenden und Schweizer Bürokraten in einem Buch festgehalten: Charlotte Weber, «Gegen den Strom der Finsternis», Chronos Verlag, Zürich 1994.hnekt

Das mit den Nati-Geschäften ähnelt verdächtig dieser Geschichte
Das dunkelste Kapitel in Christoph Blochers
Ems Chemie

http://archiv.onlinereports.ch/2002/EmsGiesen.htm

Immerhin muss man den Blochers zugute halten, dass das vor Ihrer Zeit war. Weniger schön ist die Tatsache, dass dieses Kapitel in der Jubiäumsschriftt verschwiegen wurde.
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Fr Nov 20, 2020 2:17 pm
Aus der work, die Zeitschrift der Gewerkschaft unia
Nr. 19 vom 20.11.2020

auf Seiten 10-11: Ein fiktives Interview mit Friedrich Engels "Jetzt rede ich!"- Das grosse Interview zum 200. Geburtstag
auf Seiten 06-07: Blochers Reich dank der DRR

https://www.workzeitung.ch
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Sa Nov 21, 2020 11:12 pm
Weihnachten in den Weltkriegen
Christbäume im Schützengraben und gestrickte Socken von daheim
Im Krieg sehnten sich die Soldaten nach normalen Feiertagen. Die gab es für sie nicht – zwischen Granaten und Todesangst blieb dennoch Platz für ein wenig Festlichkeit, die gar die Kriegsfront zwischenzeitlich verschwinden liess.

Robin Rickenbacher; 21.11.2020

Zeitzeugen - Seite 2 1k8kdmDeutsche Soldaten feiern während des Ersten Weltkriegs im Schützengraben Weihnachten.
Foto: Keystone


Sie rückt wieder näher, die besinnliche Zeit: Der erste Advent bricht schon bald an, und mit ihm werden die Tage bis zum Weihnachtsfest runtergezählt. In welcher Form in diesem Jahr Weihnachten gefeiert werden kann, ist aufgrund der Corona-Situation noch nicht abschliessend zu beantworten. Möglich, dass nur die engsten Familienmitglieder gemeinsam um den Christbaum sitzen können.

Ist in diesem Dezember unsicher, ob die Feiertage im Beisein der gesamten Verwandtschaft stattfinden können, waren viele Familien vor mehreren Jahrzehnten unumstösslich dieser Möglichkeit beraubt worden. Im Europa des Ersten und des Zweiten Weltkriegs waren Brüder und Väter von zu Hause getrennt, verteidigten an der Front die Nation gegen feindliche Mächte. Das Spielzeug Welten Museum gedenkt dieser speziellen Zeit mit einer Ausstellung, die am Samstag anlaufen wird (siehe Box). Sie befasst sich dabei mit den beiden Welten, die sich in der Kriegszeit auftaten: das Fest unter dem zu dieser Zeit speziell geschmückten Baum in der heimischen Stube und der Heiligabend im Schützengraben, wo Menschlichkeit und Freude des besinnlichen Fests nicht hinzureichen schienen. So würde man zumindest denken.

Weihnachtsgefühl für die Soldaten

Tatsächlich wurde in Kriegszeiten einiges unternommen, um den Angehörigen ein bisschen Weihnachtsgefühl an die Front zu bringen. Die Soldaten sollten nicht auf die schöne Tradition verzichten müssen, Botschaften der Anteilnahme und der Hoffnung wurden haufenweise versandt. So wurden etwa Christbäume in Streichholzschachteln in die Kriegsgebiete geschickt. 1914 sandte die Oberste Heeresleitung Zehntausende kleine Weihnachtsbäume an die deutschen Fronten. Diese wurden an Heiligabend am Rande der Schützengräben aufgestellt und lösten, glaubt man den Soldatenberichten, besinnliche Gefühle auf beiden Seiten aus.

Die deutschen Soldaten erhielten zudem Pakete ihrer Familien mit warmen Kleidern, Essen, Alkohol, Zigaretten und auch Klopapier, den Briten wurde neben Schokolade, Scones und Tabak eine Grusskarte von Prinzessin Mary, der einzigen Tochter von König Georg V., gesandt.


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Deutsche Soldaten sitzen in einem Unterstand an der Westfront am 25. Dezember 1914 um einen Weihnachtsbaum herum.
Foto: Keystone


Auch in Basel wurde der Verwandten gedacht, die die Landesgrenzen bewachen mussten. Der Gymnasiallehrer Emanuel Probst veröffentlichte im November 1914 in den «Basler Nachrichten» einen Bericht, in dem ihn ein kleines Mädchen darum bittet, ihrem grossen Bruder ein Geschenk zu bringen, denn dieser sei Soldat und brauche das Präsent dringender als sie. Daraus resultierte ein Aufruf in 300 Schweizer Zeitungen, insgesamt 3500 Pakete wurden zur Weihnachtszeit aufs Feld gesandt. Im Zweiten Weltkrieg strickten dann Mädchen und Frauen Handschuhe und Socken für die Soldaten.

Verbrüderung an der Front

1914 spielte sich auch das wohl grösste Weihnachtswunder dieser Zeit ab, als an der belgisch-französischen Grenze Soldaten, die eben noch aufeinander geschossen hatten, begannen, miteinander zu singen. Deutsche und Engländer lagen dabei nur rund 100 Meter auseinander in ihren Gräben.

Aus den Gesängen resultierte am 24. Dezember und an den Tagen danach eine spontane Waffenruhe, die von den Befehlshabern nicht autorisiert worden war. Soldaten der verschiedenen Lager tauschten kleine Geschenke aus, grillierten zusammen Schweine, schnitten sich gegenseitig die Haare oder spielten Fussball. An gewissen Orten der Westfront reichten die Feuerpausen bis in den Januar 1915 hinein.

Christbaum als politisches Symbol

Nicht nur an der Front stand Weihnachten im Zeichen des Krieges. Auch im Wohnzimmer wurde man stets an die Präsenz der Kämpfe erinnert. Während des Ersten Weltkriegs trug der Christbaum oftmals nationale Symbole. Der Baum wurde mit eisernen Kreuzen aus Pappe, U-Booten, Zeppelinen und Bomben behängt. Während des Zweiten Weltkriegs missbrauchten die Nationalsozialisten das Weihnachtsfest zu Propagandazwecken. So schmückten deutsche Haushalte ihre Bäume mit Christbaumkugeln, die mit Hakenkreuzen oder dem Kopf Adolf Hitlers bemalt waren.

Ohnehin wurde im Dritten Reich der christliche Friedensgedanke der Festtage radikal umgedeutet. Die germanischen Wurzeln des Festes wurden zu bemühen versucht: Der Weihnachtsbaum wurde zum Träger ideologischen Gedankenguts. So wurden alte germanische Symbole ins Zentrum gerückt, wie etwa Weihnachtskugeln, die mit einem Sonnenrad, einem Lebensbaum oder einer Rune verziert waren. Der Christbaum selbst wurde als typisch deutsches Symbol vermarktet.

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So könnte ein Weihnachtsbaum in einer Stube während des Ersten Weltkriegs ausgesehen haben. So zu sehen im Spielzeug Welten Museum.
Foto: Spielzeug Welten Museum


Trostlos wurden die Weihnachtsfeste dann gegen Ende des Zweiten Weltkriegs. Wegen Lebensmittelknappheit und Bombenangriffen war es beinahe unmöglich, ein einigermassen normales Fest zu feiern. Ein Grossteil der Bevölkerung verbrachte gegen Kriegsende die Festtage in Bunkern. So etwa 1944, als über deutschen Städten etliche Bomben niedergelassen wurden. Dennoch versuchte man, Weihnachten so gut als möglich zu verbringen. Teilweise wurden bereits Mitte Jahr für das Fest Vorräte gespart. Auch ein Weihnachtsbaum durfte natürlich nicht fehlen. Wie diese damals aussahen, kann ab diesem Samstag im Spielzeug Welten Museum begutachtet werden.


Ausstellung im Spielzeug Welten Museum

Das Basler Spielzeug Welten Museum widmet sich in einer Sonderausstellung Weihnachten während Kriegszeiten. Unter dem Titel «Patriotischer Weihnachtsschmuck» zeigt die Ausstellung nicht nur Christbaumschmuck aus den beiden Weltkriegen, sondern auch Fotos von der Weihnachtsfeier 1914 zwischen den Soldaten verschiedener Fronten und Weihnachtsbriefe aus dieser Zeit. Damit soll ein Einblick in eine ganz spezielle Weihnachtszeit gegeben werden. Die Ausstellung ist angereichert mit Leihgaben aus der Privatsammlung von Alfred Dünnenberger sowie der Bibliothek am Guisanplatz. Die Exponate sind vom 21. November bis zum 14. Februar 2021 im Basler Museum zu sehen. Öffnungszeiten und Preise unter swmbd.museum.
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Do Nov 26, 2020 10:53 pm
Es geschah vor 57 Jahren

Am 24. November 1963 erschoss Ruby den mutmasslichen Mörder von John F. Kennedy, Lee Harvey Oswald, im Keller des Polizeigebäudes von Dallas
Zeitzeugen - Seite 2 5njjuu

War Oswald wirklich der Mörder, kann einer allein so schnell schiessen? Hier will ich nicht mutmassen ob Zweifel Facts oder Verschwörunstheorien sind:
https://www.youtube.com/watch?v=5AW3ewT5wBo
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Sa Dez 12, 2020 10:13 am



Alle Personen des Jahres seit 1927
Gandhi, Greta und jetzt Joe Biden und Kamala Harris
Der künftige US-Präsident und seine Vize haben laut dem «Time»-Magazin eine «historische Wahl» gewonnen – und reihen sich damit in eine illustre Liste ein.

Yannick Wiget 11.12.2020, BaZ
Zeitzeugen - Seite 2 1p8kde
Zieren zusammen das berühmte Cover des «Time»-Magazins: Der künftige US-Präsident Joe Biden und seine Vizepräsidentin Kamala Harris.

Neben der Corona-Krise sorgten 2020 nur ganz wenige Themen weltweit für Schlagzeilen. Eine Ausnahme war die US-Präsidentschaftswahl – in den Augen vieler Amerikanerinnen und Amerikaner die wichtigste der Geschichte. Das sieht auch die Redaktion des renommierten «Time»-Magazins so: Sie hat den Wahlsieger Joe Biden zusammen mit seiner Vize Kamala Harris zur «Person of the year» gekürt.

«Biden hat eine historische Wahl gewonnen», schreibt das Magazin. «Er hat den Rekord für die meisten je erhaltenen Stimmen gebrochen.» Trotz aller Kritik, er sei zu alt und zu langweilig, habe er sich durchgesetzt. Entscheidende Hilfe bekam er dabei von Kamala Harris an seiner Seite. Die 55-jährige stand «für den Generationenwechsel und die amerikanische Diversität», so das Magazin. Als erste Frau und erste Vertreterin von ethnischen Minderheiten im Amt der Vizepräsidentin schreibt sie Geschichte.

Biden und Harris lösen Umweltaktivistin Greta Thunberg ab, die letztes Jahr gewann, und reihen sich damit in eine Liste voller illustrer Persönlichkeiten ein, die die Welt besonders prägten – im guten wie im schlechten Sinne. Neben Pionieren und Menschenrechtsaktivisten wie Mahatma Gandhi und Martin Luther King zierten auch schon die Diktatoren Stalin und Hitler das «Time»-Cover.

Das sind die Gewinner der letzten gut 90 Jahre:

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1927 Charles Lindberg

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1928 Walter Chrisler

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1929 Oven Joung

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1930 Mahatma Gandhi
Der gelernte Rechtsanwalt wurde zum politischen und geistigen Anführer der indischen Unabhängigkeitsbewegung. Deren gewaltfreier Widerstand führte 1947 zum Ende der britischen Kolonialherrschaft über Indien. Das «Time magazine» anerkannte Gandhis «Einfluss auf die Weltgeschichte» schon 17 Jahre zuvor.

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1931 Pierre LavL

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1932 Franklen Roosewelt

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1933 Hugh Johnson

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1934 Franklen Roosewelt

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1935 Haile Selassie

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1936 Wallis Simpson
Die US-Amerikanerin wurde 1936 als erste und bis heute auch als eine von wenigen Frauen zur Persönlichkeit des Jahres gekürt. Sie war die Geliebte des damaligen britischen Königs Eduard VIII. und der Grund für dessen Abdankung. 1941 geriet das Paar ins Visier des FBI, weil Simpson ihrem angeblichen Liebhaber, dem deutschen Aussenminister Joachim von Ribbentrop, wichtige Informationen zugespielt haben soll.

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1937 Ching Kaishek

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1938 Adolf Hitler
Ein Jahr vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs kürte die «Time» Adolf Hitler zu derjenigen Person, die den grössten Einfluss auf die Weltgeschichte hatte. Dieser sei «zur grössten Bedrohung geworden, der die demokratische, die Freiheit liebende Welt heute gegenübersteht», begründete das Magazin seine Wahl. Anstatt wie üblich ein Porträt der betreffenden Persönlichkeit abzubilden, wird auf diesem Cover ein Mann in SA-Uniform (möglicherweise Hitler selbst) gezeigt, der auf einer riesigen Orgel spielt. Darüber dreht sich zu seiner Musik eine Art Riesenrad, an dem Leichen hängen. Der selbst ernannte Führer des Deutschen Reiches blieb indes nicht der einzige Diktator, der mit dem Titel «Mann des Jahres» bedacht wurde.

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1939 Josef Stalin

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1940 Winston Churchill

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1941 Franklen Roosewelt

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1942 Josef Stalin

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1943 George Marshall

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1944 Dwight D. Eisenhower

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1945 Harry Truman

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1946 James Byrnes

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1947 George Marshall

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1948 Harry Truman

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1949 Winston Churchill

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1950 Der amerikanische Soldat
Zum ersten Mal wurde 1950 nicht eine einzelne Person ausgezeichnet, sondern alle amerikanischen Soldaten, die im Koreakrieg kämpften. Beim dreijährigen Konflikt (1950-1953) unterstützten UNO-Truppen unter Führung der USA die Republik Korea (heute Südkorea), während die Demokratische Volksrepublik Korea (Nordkorea) auf die Hilfe Chinas zählen konnte.

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1951 Mohamad Mossadegh

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1952 Queen Elizabeth II

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1953 Konrad Adenauer

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1954 John Dulles

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1955 Hartlow Curtice

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1956 Die ungarischen Freiheits-Kämpfer

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1957 Nikita Chruschtschow

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1958 Charles de Gaulle

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1959 Dwight D. Eisenhower

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1960 Die US-Forscher

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1961 John F. Kennedy

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1962 Papst Johannes XXIII

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1963 Martin Luther King
Er gilt als einer der herausragenden Vertreter im Kampf gegen Unterdrückung und Rassentrennung: Martin Luther King war zwischen Mitte der 1950er und Mitte der 1960er-Jahre der bekannteste Sprecher des Civil Rights Movement, der Bürgerrechtsbewegung der Afroamerikaner. Seine Ernennung war zur damaligen Zeit des US-Rassenkonflikts ein mutiger Schritt des «Time magazine».

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1964 Lindon B. Johnson

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1965 William Westmoreland

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1966 Die Unter-25-Jährigen

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1967 Lindon B. Johnson

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1968 Apollo-8-Astronauten

Zeitzeugen - Seite 2 441kjm2
1969 Der Durchschnitts-Amerikaner

Zeitzeugen - Seite 2 45wskg4
1970 Willy Brandt

Zeitzeugen - Seite 2 467sk7d
1971 Richard Nixon

Zeitzeugen - Seite 2 4741j92
1972 Richard Nixon

Zeitzeugen - Seite 2 489ljzh
1973 John Sirica

Zeitzeugen - Seite 2 49m6klp
1974 König Faisal

Zeitzeugen - Seite 2 50cnj80
1975 Die amerikanischen Frauen
In diesem Jahr wurde die Auszeichnung symbolisch allen amerikanischen Frauen verliehen – im Namen einiger Vertreterinnen. Zu diesen gehörten unter anderem Betty Ford, First Lady von 1974 bis 1977, die Feminismus-Ikone Susan Brownmiller sowie Barbara Jordan, die 1976 als erste Afroamerikanerin eine Grundsatzrede hielt.

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1976 Jimmy Carter

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1977 Anwar Sadat

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1978 Deng Xiaoping

Zeitzeugen - Seite 2 540ik18
1979 Ruhollah Chomeini

Zeitzeugen - Seite 2 55pnj9z
1980 Fonald Reagan

Zeitzeugen - Seite 2 564mjuk
1981 Lech Walesa

Zeitzeugen - Seite 2 57n6jwo
1982 Der Computer
Im Jahr 1982 würdigte das «Time magazine» den anstehenden Siegeszug des Computers mit der Auszeichnung «Machine of the year». Die Ernennung war insbesondere ein spezieller Fall, weil es sich um eine Erfindung handelte und nicht um eine Person. Das gab es vorher noch nie.

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1983 Ronald Reagan und Jury Andropow

Zeitzeugen - Seite 2 59j5jw4
1984 Peter Ueberroth

Zeitzeugen - Seite 2 60axjzo
1985 Deng Xiaoping

Zeitzeugen - Seite 2 618ck7f
1986 Corazon Aquino

Zeitzeugen - Seite 2 624uj8l
1987 Michail Gorbatschow

Zeitzeugen - Seite 2 63t9j3c
1988 Die bedrohte Erde
«What on EARTH are we doing?», fragte sich das Magazin 1988 und meinte damit, was zur Hölle die Menschen der Erde mit der Umweltverschmutzung antun. Nach Jahren voller Hurricans, Erdbeben, Dürren und Fluten wählte es die Welt zum «Planeten des Jahres».

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1989 Michail Gorbatschow

Bild "65qtkom.jpg" anzeigen.
1990 Georges Bush

Zeitzeugen - Seite 2 669pjbr
1991 Ted Turner

Zeitzeugen - Seite 2 677kkkh
1992 Bill Clinton

Zeitzeugen - Seite 2 68jpjbn
1993 Friedesstifter

Zeitzeugen - Seite 2 69x4k5x1994 Papst Johannes Paul II.
Mehr als 26 Jahre lang war Johannes Paul II. Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche – länger als alle anderen Päpste der neueren Zeit. In Anerkennung seines Engagements für den Weltfrieden und seines Beitrages zum Zusammenbruch des Kommunismus wurden ihm zahlreiche Ehrungen verliehen. Neben ihm waren nur noch zwei weitere Päpste Person des Jahres: Johannes XXIII. und der derzeitige Pontifex Franziskus.

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1995 Newt Gingrich

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1996 David Ho

Zeitzeugen - Seite 2 722njzo
1997 AndrewGrove

Zeitzeugen - Seite 2 7316klh
1998 Bill Clinton und Ken Starr
Clinton holte den Titel schon bei seiner Amtseinführung 1992. Es war aber seine zweite Ernennung sechs Jahre später, die für Kontroversen sorgte. Da wurde der US-Präsident zusammen mit Ken Starr gewählt, dem Anwalt, der wegen verschiedener Vorwürfe gegen ihn ermittelte und sein Amtsenthebungsverfahren einleitete. Clinton wurde am Schluss von allen Anschuldigungen freigesprochen.

Zeitzeugen - Seite 2 74q5ki6
1999 Jeff Bezos

Zeitzeugen - Seite 2 75ufj7b
2000 Georges W. Bush

Zeitzeugen - Seite 2 767gkvm
2001 Rudy Giullani

Zeitzeugen - Seite 2 77f1ka4
2002 Whistleblowers

[![Bild 78ddj32.jpg auf abload.de](https://abload.de/img/78ddj32.jpg)](https://abload.de/image.php?img=78ddj32.jpg)
2003 Der US-Soldat

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2004 Georges W. Bush

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2005 Wohltäter

Zeitzeugen - Seite 2 816vkjq
2006 Du (der Leser)
Social Media erlaubt es heutzutage jeder Person, sich im Internet einzubringen und damit Veränderungen anzustossen. 2006 zeichnete das «Time magazine» deshalb seine Leser zur Person des Jahres aus. «Du. Ja, Du. Du beeinflusst das Informationszeitalter. Willkommen in deiner Welt», schrieb es als Begründung seiner Wahl.

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2007 Wladimir Putin

Zeitzeugen - Seite 2 83yzjck
2008 Barack Obama
Jeder Präsident der Vereinigten Staaten seit Franklin D. Roosevelt (mit Ausnahme von Gerald Ford) war mindestens einmal «Person of the Year». Obama schaffte es zweimal. Er war von 2009 bis 2017 der erste afroamerikanische US-Präsident und erhielt weltweit Ehrungen und Auszeichnungen. Die wohl bekannteste war der Friedensnobelpreis, den er im Jahre seiner Amtseinführung bekam.

Zeitzeugen - Seite 2 84h5jp5
2009 Ben Bernanke

Zeitzeugen - Seite 2 852fkbu
2010 Mark Zuckerberg
Er gehört zu den berühmtesten Unternehmern der Welt: Mark Zuckerberg, Gründer von Facebook. Das Social-Media-Netzwerk wird inzwischen von über zwei Milliarden Menschen genutzt, dient als News-Plattform und hat erheblichen Einfluss auf die Meinungsbildung vieler. Gemäss der Forbes-Liste 2017 beträgt Zuckerbergs Vermögen über 56 Milliarden US-Dollar.

Zeitzeugen - Seite 2 86k6k4r
2011 Der Protestler

Zeitzeugen - Seite 2 876bjml
2012 Barack Obama

Zeitzeugen - Seite 2 88dikac
2013 Papst Franziskus

Zeitzeugen - Seite 2 89l8jga
2014 Ärzte gegen Ebola
In diesem Jahr brach in mehreren westafrikanischen Ländern die Ebola-Epidemie aus, an der Tausende Menschen starben. Sie gilt als bisher grösste ihrer Art seit der Entdeckung des Virus 1976. Die «Time» würdigte alle Ärzte und Pfleger im Kampf gegen Ebola im Namen einiger Vertreter wie Kent Brantly. Der US-Doktor fing sich das Fieber selbst ein, als er in Liberia Patienten betreute. Als erster Amerikaner wurde er in seinem Heimatland behandelt – erfolgreich. 2014 hatte er unter anderem ein privates Treffen mit dem damaligen US-Präsidenten Barack Obama.

Zeitzeugen - Seite 2 90wyj0e
2015 Angela Merkel

Zeitzeugen - Seite 2 91l3kx4
2016 Donald Trump

Zeitzeugen - Seite 2 92oijdc
2017 #Me Too

Zeitzeugen - Seite 2 932jj6w
2018 Jamal Khashoggi, Maria Ressa, Wa Lone und Kyaw Soe Oo, Redaktion «Capital Gazette»
Der getötete saudiarabische Journalist Jamal Khashoggi wurde vom US-Magazin «Time» zur «Person des Jahres» 2018 gekürt. Khashoggi, der zuletzt für die US-Zeitung «Washington Post» gearbeitet hatte, bekam den Titel zusammen mit mehreren anderen Journalisten verliehen. Dazu gehören die philippinische Reporterin Maria Ressa sowie die für die Nachrichtenagentur Reuters arbeitenden myanmarischen Reporter Wa Lone und Kyaw Soe Oo, die derzeit im Gefängnis sind. Das Magazin würdigte ferner die Redaktion der US-Lokalzeitung «Capital Gazette» aus Annapolis im Bundesstaat Maryland als «Person des Jahres». Fünf Mitglieder der Redaktion waren im Juni von einem Angreifer erschossen worden.

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2019 Greta Thunberg

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Monika56
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Sa Dez 12, 2020 10:33 am
     TIME



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Frau des Jahres

2020 Miss Monika
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joggelich
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Sa Dez 12, 2020 11:01 am
Dazu müssten Sie, Miss Monika, aber Kompressionsstrümpfe am Halter tragen, nur bei einem solchen Outfit wird frau als "Frau des Jahres" gekürt. SissyGirl Jacqueline, heute mit den zwei verschiedenfarbigen Strümpfen, der FCB hat heute ein internationales Spiel gegen Vaduz, aus Liechtenstein, und Sie, würden sicherlich ein sehenswertes Gespann bilden.

Redaktion des Time-Magazins
Chefredaktor Joggeli
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Monika56
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Sa Dez 12, 2020 11:32 am
Lieber Joggeli,

der FCB hat heute ein internationales Spiel gegen Vaduz, aus Liechtenstein

Ist das jetzt ein Nachholspiel in der Champions-League. Oder schon die erste Partie im Achtelfinale dieses Wettbewerbs.

Wie man evtl. auf dem Foto erkennen kann, trage ich an diesem Tag eine Stützstrumpfhose.


Sehr geehrete Redaktion des Time-Magazins,

sollte dies evtl. ein Kriterium sein, mich nicht zur Frau des Jahres 2020 küren zu wollen? Mit Verlaub betrachtet würde ich so etwas als eine Art Affront gegen Crossdresser ansehen. Ich möchte hoffen, dass diese Entscheidung bei der nächsten Redaktions-Konferenz als Tagesordnungspunkt 1 auf der Liste steht.

Im Forum "Pretty Fashion" jedenfalls ist meine bis Dato untadelige Lebensführung, und mein unermüdlicher Einsatz für die Belange des Forums schon oftmals gewürdigt worden.
Sollte diese Entscheidung nicht zurückgenommen werden, sehe ich mich gezwungen, mein Abonnement dieser Zeitschrift "Time" fristgemäß zum 31.03.2021 zu kündigen, um mich dann ganz dem Wohl meiner begeisterten Leser im o. a. Forum widmen zu können.

Mit freundlichen Grüßen

Miss Monika        
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joggelich
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Sa Dez 12, 2020 12:21 pm
Liebe Miss Monika

Natürlich haben Sie auch mit Strumpfhosen Chancen als Jahresbeste gekührt zu werden. Die Wahl wird jeweils von einem Time-unabhängigen Expertenteam vorgenommen, das von Herren dominiert wird, die in den 30er und 40er-Jahren das Licht der Wel erblickten. Da versteht es sich von selbst, dass das bestrumpfte SissyGirl Jacqueline mehr Chancen hat, gekürt zu werden. Für 2020 ist der Zug eh abgefahren, Da ist der zukünftige US-Präsident Jo Biden mit seiner Vizepräsidentin gewählt worden.

Was Vaduz betrifft, liegt ein Missverständnis vor.

Wie Monaco in der ligue, 1 spielt Vaduz in der Superleague Nur im Cup-Wettbewerb sind Vereine aus Liechtenstein nicht zugelassen.

Vaduz-Trainer Frick packt über seine Basel-Zeit aus
«Der Wechsel vom FCB zum FCZ war mein grösster Fehler»
Mario Frick (46) hat mit Vaduz den Sensations-Aufstieg geschafft, kämpft jetzt aber um den Anschluss in der Super League. Der Liechtensteiner Rekordtorschütze über Schulreferate, Mentaltraining und seine aufwühlende Zeit als Stürmer beim heutigen Gegner FCB.

Marco Pescio, Blick

https://www.blick.ch/sport/fussball/superleague/vaduz-trainer-frick-packt-ueber-seine-basel-zeit-aus-der-wechsel-vom-fcb-zum-fcz-war-mein-groesster-fehler-id16242496.html

Wären die Boys von Tote Hosen, würde dieser Hit anders lauten, Du darfst dreimal raten:
https://www.youtube.com/watch?v=Yb9566t665c

SYLAIAWC
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Joggeli



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joggelich
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Mo Dez 14, 2020 11:56 am
Zeitzeugen - Seite 2 1pujvl

Ein Heiliger Abend, an dem alles schief lief
13. Dezember 2020 von Wolf Dietrich Hausmann

In der zweiten Oktoberhälfte 1979 schlugen wir als frisch verheiratetes Ehepaar in Buenos Aires auf. Wir hatten ein kleines Häuschen in einem Vorort gemietet. Das Haus war praktisch leer, wir schliefen auf einer Schaumgummi-Matratze am Boden, die Küche funktionierte allerdings. Das war alles kein Problem, denn bald sollte unser Umzugscontainer eintreffen mit IKEA-Möbeln, Bekleidung, Büchern und natürlich auch dem ganzen Weihnachts-Equipment, einschließlich der Geschenke. Doch der Container verzögerte sich immer wieder, mal ein Hafenstreik da, eine Schiffsreparatur dort, etc. etc.

Am 21. Dezember realisierte ich, der Container würde nicht mehr rechtzeitig zu Weihnachten ankommen. So war es dann auch, er wurde nämlich erst am 7. Jänner angeliefert. Was also tun an Heilig Abend?

Ein Blick in das Argentinische Tageblatt, die deutsche Tageszeitung, zeigte, dass in einer angemessenen Entfernung eine deutschsprachige evangelische Gemeinde am Nachmittag eine Messe feierte. Es war ein brüllend heißer Sommertag. In der S-Bahn guckten einige auf die beiden Gringos – wie Südamerikaner abfällig Personen bezeichnen, die nicht romanischer Herkunft sind –, die mit Schlips und Kragen und aufgebrezelt im Zug saßen. Natürlich, denn wir fuhren ja zur Weihnachtsmesse.

Die Kirche war ein kleiner, schmuckloser Bau, der den Charme einer Autogarage verströmte. Drinnen waren etwa 50 Gläubige. Die Messe begann, der Pastor hielt seine Weihnachtspredigt. Erkennbar am Dialekt gehörte er zu den Banater-Deutschen (ehemals deutsche Siedler im mittleren Donauraum). Er bot in seiner Predigt eine schauerliche Mischung aus Allgemeinplätzen und purem Unsinn. Auch das ging vorbei. Reichlich enttäuscht machten wir uns auf den Heimweg.

Daheim wurde ein Stück Fleisch in die Pfanne geworfen und eine Flasche Rotwein geöffnet. Der Abend ging dahin, dann hatte ich die vermeintlich gute Idee: „Schatz die Messe bei den Evangelen war ein Reinfall, gehen wir jetzt zu den Katholen, die können so etwas besser.“ Also brachen wir um 23:30 Uhr zu Fuß zur Kathedrale von San Isidro auf, in der festen Überzeugung, dass in jeder katholischen Kirche um Mitternacht des 24.12. eine Christmette gefeiert wird. San Isidro war der nächste Vorort von uns aus. Was etwas großspurig „Kathedrale“ hieß, war die Kirche dieses Vorortes, etwa so groß wir die Petrikirche in Mülheim.

Auf dem Weg dorthin durch eine Einfamilienhaus-Wohngegend strömten aus vielen Gärten Asado-Düfte – die argentinische Bezeichnung für den Grill-Geruch – und eher fröhliche Musik. Nix mit „besinnlich“.

10 Minuten vor Mitternacht standen wir vor der Kathedrale. Doch oh Schreck, alles finster, alles zu! Enttäuscht machten wir uns daher ohne geistlichen Beistand wieder auf den Heimweg. Die zweite Flasche Rotwein überlebte diesen Abend nicht.

Ein Jahr später kamen die Schwiegereltern über Weihnachten zu Besuch. Rechtzeitig erkundigte ich mich nach den Messeterminen. Um 21 Uhr fand die Christmette statt, in einer vollen Kirche und schön gefeiert. Es war ein Erlebnis, die ganze Kirche auf Spanisch das Lied „Stille Nacht, heilige Nacht“ singen zu hören. Diese Messe war ein voller Erfolg.

Man soll eben im Ausland nicht gewohnte Bräuche und Zeitabläufe von daheim auf das andere Land übertragen! Genaue Recherche der Termine ist unumgänglich und macht sich bezahlt.

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joggelich
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Mo Dez 14, 2020 12:14 pm
Zeitzeugen - Seite 2 Christmas-2709628_192hdj74

Weihnachten 1944

10. Dezember 2020 von Brigitte Reuß
Alfred Zimbehl 2017


An Heiligabend 1944 kam eine Gruppe des BDM (Bund Deutscher Mädel) in den Bunker, und die Mädchen sangen Weihnachts- oder besser gesagt Sonnenwend-Lieder, etwa ‘Hohe Nacht der Klaren Sterne’ und ‘Der Sunnwendmann’. Es kam auch so eine Art Nikolaus. Der verschenkte nichts, aber er vermöbelte einige Rangen, welche irgendeinen Fehler gemacht hatten. Ich sollte auch Hiebe bekommen; denn mein Fehler war, dass meine Eltern als ‚Rote’ verschrieen waren. Angst hatte ich selbstverständlich. Ein SS-Mann, der Sohn von Nachbarn, in voller schwarzer Uniform mit dem Totenkopf an der Mütze, hatte Erbarmen mit mir, und er verjagte den ‘Heiligen Mann’. Ich war dem ‘schwarzen Mann’ damals sehr dankbar. – Ein Kind in einem der KZs hatte sicher andere Empfindungen bei seinem Anblick.

Dann sickerte die Nachricht durch, dass der Bunker am Flughafen in Mülheim einen Volltreffer erhalten hatte und viele Tote zu beklagen waren, darunter auch die BDM-Gruppe, zu welcher meine Schwester gehörte. Sie hatte aber mit ihren 16 Jahren Dienst an der Front und war deshalb nicht bei den Toten. Ihre Gemütsverfassung, als sie vom Tod all ihrer Kameradinnen erfuhr, kann man sich ja wohl vorstellen.

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joggelich
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Di Dez 15, 2020 11:19 am
Zeitzeugen - Seite 2 1zgjge

Einsam am Heiligen Abend
von Autor: Herman Joachim Bang, dänischer Schriftsteller, * 20.04.1857, † 22.01.1912

Quelle: Brigitte Reuß,15. Dezember 2020

Jedesmal wenn Weihnachten kommt, muß ich an Herrn Sörensen denken. Er war der erste Mensch in meinem Leben, der ein einsames Weihnachtsfest feierte, und das habe ich nie vergessen können.

Herr Sörensen war mein Lehrer in der ersten Klasse. Er war gut, im Winter bröselte er sein ganzes Frühstücksbrot für die hungrigen Spatzen vor dem Fenster zusammen. Und wenn im Sommer die Schwalben ihre Nester unter den Dachvorsprung klebten, zeigte er uns die Vögel, wie sie mit hellen Schreien hin und her flogen. Aber seine Augen blieben immer betrübt.

Im Städtchen sagten sie, Herr Sörensen sei ein wohlhabender Mann. „Nicht wahr, Herr Sörensen hat Geld?“ fragte ich einmal meine Mutter. „Ja, man sagt’s.“ – „Ja, ich hab’ ihn einmal weinen sehen, in der Pause, als ich mein Butterbrot holen wollte …“

„Herr Sörensen ist vielleicht so betrübt, weil er so allein ist“, sagte meine Mutter. „Hat er denn keine Geschwister?“ fragte ich. „Nein – er ist ganz allein auf der Welt …“

Als dann Weihnachten da war, sandte mich meine Mutter mit Weihnachtsbäckereien zu Herrn Sörensen. Wie gut ich mich daran erinnere. Unser Stubenmädchen ging mit, und wir trugen ein großes Paket, mit rosa Band gebunden, wie die Mutter stets ihre Weihnachtspäckchen schmückte.

Die Treppe von Herrn Sörensen war schneeweiß gefegt. Ich getraute mich kaum einzutreten, so rein war der weiße Boden. Das Stubenmädchen überbrachte die Grüße meiner Mutter. Ich sah mich um. Ein schmaler hoher Spiegel war da, und rings um ihn, in schmalen Rahmen, lauter schwarzgeschnittene Profile, wie ich sie nie vorher gesehen hatte.

Herr Sörensen zog mich ins Zimmer hinein und fragte mich, ob ich mich auf Weihnachten freue. Ich nickte. „Und wo wird Ihr Weihnachtsbaum stehen, Herr Sörensen?“ – „Ich? Ich habe keinen, ich bleibe zu Hause.“

Und da schlug mir etwas aufs Herz beim Gedanken an Weihnachten in diesem „Zuhause“. – In dieser Stube mit den schwarzen kleinen Bildern, den schweigenden Büchern und dem alten Sofa, auf dem nie ein Mensch saß – ich fühlte das Trostlose, das Verlassene in dieser einsamen Stube, und ich schlug den Arm vors Gesicht und weinte.

Herr Sörensen zog mich auf seine Knie und drückte sein Gesicht an meines. Er sagte leise: „Du bist ein guter, kleiner Bub.“ Und ich drückte mich noch fester an ihn und weinte herzzerbrechend.

Als wir heimkamen, erzählte das Stubenmädchen meiner Mutter, ich hätte „gebrüllt“.

Aber ich schüttelte den Kopf und sagte: „Nein, ich habe nicht gebrüllt. Ich habe geweint. Und weißt du, ich habe deshalb geweint, weil nie jemand zu Herrn Sörensen kommt. Nicht einmal am Heiligen Abend …“

Später, als wir in eine andere Stadt zogen, verschwand Herr Sörensen aus meinem Leben. Ich hörte nie mehr etwas von ihm. Aber an jenem Tag, als ich an seiner Schulter weinte, fühlte ich, ohne es zu verstehen, zum ersten Male, dass es Menschen gibt, die einsam sind. Und dass es besonders schwer ist, allein und einsam zu sein an Weihnachten.
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